Fluggäste müssen oft um ihre Rechte kämpfen

Brüssel · Der Urlaub ist vorbei, aber nicht alles lief gut. Bei unpünktlichen Flügen stehen Reisenden Entschädigungen zu. Doch oft drücken sich Airlines um Zahlungen. Längst ist daraus ein Geschäftsmodell entstanden.

Verspätete Flüge, verpasste Anschlussverbindungen oder eine unfreiwillige Übernachtung im Flughafenhotel wegen eines annullierten Fluges: Im Durchschnitt haben drei von 1000 Verbindungen mehr als vier Stunden Verspätung. Dafür steht betroffenen Passagieren eine Entschädigung zu. Doch nicht selten versuchen Fluglinien, ihre Pflicht zu umgehen. Wer sich selbst um eine Entschädigung bemüht, wird oft abgewiesen. Ein Beispiel: Ein Flug von Rio de Janeiro nach Madrid fällt wegen eines technischen Defekts aus. Die Passagiere können erst am Folgetag mit einer Ersatzmaschine fliegen. Ein Fluggast verpasst deshalb einen wichtigen Geschäftstermin und fordert eine Entschädigung. Die spanische Fluglinie lehnt dies ab und verweist auf "einen außergewöhnlichen Umstand". Anders als für Unwetter oder Streiks tragen Fluggesellschaften aber für technische Fehler selbst die Verantwortung, wie mehrere Gerichtsurteile bestätigen. "Das sind keine außergewöhnlichen Umstände", sagt Andrea Sack vom Europäischen Verbraucherzentrum in Kehl. Das Zentrum übernimmt Fälle von Passagieren, die sich erfolglos an ihre Fluggesellschaft gewandt haben - kostenfrei. Eine weitere Möglichkeit liegt in der Schlichtungsstelle für öffentlichen Personenverkehr. Der Verein arbeitet honorarfrei, kann aber nur tätig werden, wenn die betroffene Airline zu den Mitgliedern gehört.

Doch bis Geld fließt, müssen Passagiere meist lange warten. "Die Fluggesellschaften spielen oft auf Zeit, in der Hoffnung, dass die geprellten Fluggäste irgendwann aufgeben", sagt Sack. Denn die Entschädigungen können die Airlines pro Passagier bis zu 600 Euro kosten. Der Höchstsatz wird fällig, wenn ein interkontinentaler Flug über vier Stunden Verspätung hat. Bei 1500 Kilometern Flugstrecke und ab drei Stunden Verspätung müssen die Fluggesellschaften 250 Euro pro Passagier bezahlen, bei 3000 Kilometern sind es bereits 400 Euro.

Passagiere müssen ihr Recht einfordern. Gegebenenfalls wird ein Rechtsanwalt notwendig. In Einzelfällen ziehen sich die rechtlichen Auseinandersetzungen um Entschädigungen bis zu drei Jahre hin. "Da können schon mal 10 000 Euro an Anwalts- und Gerichtskosten zusammenkommen", erklärt Hendrik Noorderhaven. Der Niederländer ist Gründer und Geschäftsführer des Dienstleisters EU Claim, der sich auf Fluggastrechte spezialisiert hat. Mehr als 35 000 Fälle hat seine Firma in den vergangenen drei Jahren bearbeitet. Gewinnt der Dienstleister den Rechtsstreit, behält er 22,5 Prozent der Entschädigung ein - zuzüglich Mehrwertsteuer. Der deutsche Konkurrent Flightright verlangt 25 Prozent. Im Gegenzug entstehen dem Kunden keine Kosten, wenn der juristische Dienst den Fall verliert. Verbraucherschützerin Sack bedauert, dass es solche Firmen überhaupt gibt: "Sie sind aus Notwendigkeiten entstanden, die es gar nicht geben dürfte."

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