Flüchtlinge Erdogan droht EU mit Grenz-Öffnung

Ankara/Brüssel/Athen · Mit einer Vereinbarung zwischen der Türkei und der EU wurde 2016 der Migranten-Zuzug nach Europa gestoppt. Jetzt macht der Präsident den Fortbestand von einer Bedingung abhängig.

 Präsident Erdogan verlangt von Brüssel mehr Hilfen für die Millionen aufgenommener Flüchtlinge in seinem Land.

Präsident Erdogan verlangt von Brüssel mehr Hilfen für die Millionen aufgenommener Flüchtlinge in seinem Land.

Foto: AP/Presidential Press Service via AP, Pool

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat damit gedroht, die Grenzen für syrische Flüchtlinge Richtung Europa zu öffnen. Während einer Rede in Ankara verlangte er am Donnerstag von der EU mehr finanzielle Hilfe für die Millionen syrischen Flüchtlinge in seinem Land – andernfalls könnte er die Grenzen öffnen. Schon jetzt erreichen immer mehr Migranten von der Türkei aus die griechischen Inseln im Osten der Ägäis. Die Türkei hat seit Beginn des Bürgerkrieges im Nachbarland Syrien 2011 rund 3,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen, mehr als jedes andere Land. Die von Willkommenskultur geprägte Stimmung drehte sich jüngst aber, vor allem wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage.

Im März 2016 trat ein Flüchtlingsabkommen der EU mit der Türkei in Kraft. Es sieht vor, dass die EU alle Migranten, die illegal auf die griechischen Inseln übersetzen, in die Türkei zurückschicken darf. Im Gegenzug nimmt die EU für jeden in die Türkei zurückgeschickten Syrer einen anderen Syrer legal auf. Die Zahl der aus der Türkei kommenden Flüchtlinge war jüngst deutlich gestiegen.

Erdogan sagte bei seiner Rede vor Provinzvorstehern, dass die Türkei dazu „gezwungen“ sein könnte, „die Türen zu öffnen“. „Was die Lastenteilung der Flüchtlinge angeht, die wir als Gäste aufgenommen haben, haben wir von der Welt, und allen voran von der Europäischen Union, nicht die nötige Unterstützung erhalten. Um sie zu bekommen, kann es sein, dass wir dazu gezwungen sein werden, das zu tun.“ Die EU-Kommission ging auf diese Drohung am Donnerstag nicht ein. Eine Sprecherin hob jedoch hervor, dass die EU bislang 5,6 der zugesagten sechs Milliarden Euro zur Verbesserung der Lebensbedingungen syrischer Flüchtlinge in der Türkei zugewiesen habe. Der Rest werde bald folgen. Die EU und die Türkei fühlten sich der Umsetzung des Abkommens verpflichtet, sagte die Sprecherin.

Unterdessen ist die Situation in den überfüllten Registrierlagern auf den Inseln im Osten der Ägäis dramatisch. Zurzeit leben in den Lagern mehr als 24 000 Migranten. Dabei sind die Camps auf den Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos nur für 6338 Menschen ausgelegt. Die EU-Kommission drängt Griechenland seit langem, schneller und effektiver abzuschieben. Zuletzt hieß es in einem Bericht zum Stand der Migrationspolitik vom März, es brauche effizientere Asylverfahren und eine schnellere Bearbeitung der Anträge. Zudem müsse schneller abgeschoben werden.

Erdogan sprach am Donnerstag auch über eine in der Planung befindliche sogenannte Sicherheitszone in Nordsyrien. Dort wolle er „mindestens eine Million“ Flüchtlinge ansiedeln, sagte er. Bis Ende September solle mit der Einrichtung der Zone begonnen werden.

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