Ophüls-Gewinnerfilm „Borga“ Der feine „Borga“ aus Ghana und die Tücken der Migration

Saarbrücken · Der junge Kojo verlässt Ghana und will sein Glück in Deutschland versuchen. „Borga“ zeichnet seinen Weg komplex und tatkräftig – eine Filmperle, die in der Debatte um westafrikanische Migration nach Europa überfällig ist. Der Film läuft im Wettbewerb.

 Eugene Boateng spielt die Hauptrolle in „Borga“. 

Eugene Boateng spielt die Hauptrolle in „Borga“. 

Foto: TOBIAS VON DEM BORNE

setzt den Zuschauer auf der Elektroschrott-Müllhalde Agbogbloshie in Ghanas Hauptstadt Accra aus, wo er Kojo trifft. Kojo ist ein Lausbub, der die Schule schwänzt, um für Geld aus Elektroschrott Metalle herauszubrennen. Als er einen fein gekleideten und respektablen Borga in einer Standbar trifft, weht ein Hauch von einem „Goodfellas“-Moment durch die Nacht: Kojo will werden wie der Borga. So nennt man in Ghana diejenigen, die das Land verlassen und es in Deutschland geschafft haben, oder so tun. Als Kojo erwachsen ist, gibt es für ihn kein Halten mehr. Doch in Deutschland ohne Papiere legal Fuß zu fassen, scheint für Kojo unmöglich. Immerhin findet er bei Lina (Christiane Paul) etwas Wärme.

Wer jetzt denkt, er weiß, wie der Film läuft, täuscht sich. Zum Glück. Denn ine Migrations- und Familiengeschichte, die weder Partei ergreift noch allzu dicke Klischees bedient. Der für „Zwischen Himmel und Erde“ beim Max-Ophüls Kurzfilmpreis 2011 gewann, ist frisches Kino, das von seinem Hauptdarsteller Eugene Boateng getragen wird. Mit ihm als tatkräftigen Sympathieträger an der Hand sieht, nein, erlebt der Zuschauer, wie Kojo in Mannheim pragmatisch, fast einvernehmlich ausgebeutet wird und wie komplex seine Entscheidungen sind – denn seine jahrelange Abwesenheit und sein Geld wiegen schwer für die daheimgebliebene Familie in Accra.

„Borga“ ist ein Film, der dies aus Sicht Betroffener auslotet, und zwar differenziert und persönlich. Dafür investierte Raabe viel Vorarbeit: Während der fünfjährigen Drehbuchentwicklung entstand in Accra die Kurz-Dokumentation „Children of Sodom“, die Kameramann Tobias von dem Borne filmte.

Visuelle Leckerbissen von „Borga“ sind dann auch sind jene Bilder, mit von dem Borne Intimität und Verbundenheit herstellt: mal extreme Close-ups des jungen Helden und vom Hauptdarsteller, mal nächtliches Mannheim in der Totalen, durch das Kojo als kleiner Punkt seinen Weg geht. Mehr von solchen Geschichten.

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