Fiennes vom Feinsten

Berlin · Regisseur Wes Anderson liebt skurrile Figuren und reiche Dekors. Und so kreiert er auch in „The Grand Budapest Hotel“ einen komisch-eleganten Mikrokosmos. Mit dem Film starteten gestern die Internationalen Filmfestspiele in Berlin.

 Menschen im Hotel: Tilda Swinton mimt eine alte Dame, Ralph Fiennes (rechts) den Concierge. Wes Anderson filmte sie im Studio Babelsberg und in Görlitz. Foto: Fox Searchlight

Menschen im Hotel: Tilda Swinton mimt eine alte Dame, Ralph Fiennes (rechts) den Concierge. Wes Anderson filmte sie im Studio Babelsberg und in Görlitz. Foto: Fox Searchlight

Foto: Fox Searchlight

Bunt hat sie gestern Abend begonnen, die Berlinale, und virtuos dazu - mit der Weltpremiere von "The Grand Budapest Hotel". Regisseur und Autor Wes Anderson, der große Eigenwillige und Verspielte des US-Kinos ("Darjeeling Limited"), lässt mit Vorliebe skurrile Figuren durch eine detailliert dekorierte, artifizielle Welten stolpern. Auch jetzt in dieser bittersüßen Tragikomödie "The Grand Budapest Hotel", die in einem Luxushotel im fiktiven osteuropäischen Land Zubrovka Anfang der 30er Jahre spielt.

In diesem mondänen Mikrokosmos herrscht der Concierge Gustave H. (ein furioser Ralph Fiennes) über das große Ganze und die kleinen Details. Zu den reiferen Damen im Hotel pflegt er ein enges Verhältnis. Möglicherweise, um später vielleicht mal ein bisschen zu erben, sicherlich aber aus der tiefen Zuneigung zu den Kunden, die im besten Hotel Europas nur das Beste verdient haben - also auch ihn. Als eine ihm zugetane Dame stirbt, vermacht sie ihm ein wertvolles Gemälde. Doch die Freude ist kurz, denn die düpierte Verwandtschaft versucht ihn mit einem Komplott zu vernichten, während sich auch außerhalb des Hotels Gewitterwolken zusammenbrauen - ein neuer Weltkrieg droht. Eine bloße Inhaltsangabe gibt den Reiz des Films kaum wieder, denn Anderson erzählt mit Wonne auf Umwegen, umfasst den immer wieder sehr komischen Film mit einer elegant konstruierten Rahmenhandlung und spielt mit Versatzstücken der Filmgeschichte: Etwa wenn der Film kurzzeitig zu einem spannend gebauten Gefängnisausbruchs-Film mutiert und in seinen Verfolgungssequenzen immer auch ein wenig an "Tim und Struppi" erinnert.

Mit enormem Aufwand hat Anderson seinen Film inszeniert, vor allem im Studio Babelsberg bei Potsdam und auch in einem Jugendstilgebäude in Görlitz. Bis in die Nebenrollen ist der Film gut besetzt mit Bill Murray, Jude Law, Lea Seydoux, Tilda Swinton, Jeff Goldblum und Willem Dafoe. Anderson konnte aus dem Vollen schöpfen, und diese Begeisterung merkt man dem Film an. Die bei Anderson allerdings auch immer drohende Gefahr, dass die Figuren zu artifiziell und sein zitatenreicher Gestus ein wenig eitel wirken können, stellt sich hier nicht ein. Vor allem dank Ralph Fiennes, der aus dem Concierge, diesem fluchenden Feingeist und manchmal zynischen Idealisten, eine komplexe Figur aus Fleisch und Blut macht. "The Grand Budapest Hotel" ist ein fulminanter Auftakt des Festivalprogramms, das heute den ersten von vier deutschen Wettbewerbsfilmen zeigt: "Jack" von Grimme-Preisträger Edward Berger. > Bericht folgt

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