Fiat steigt bei Chrysler ein

Washington. Fiat und Chrysler wollen sich gemeinsam gegen die beispiellose Krise der Autobranche stemmen. Der italienische Autobauer übernimmt dazu 35 Prozent des US-Konkurrenten, wie Fiat gestern mitteilte. Chrysler erhält im Gegenzug Zugang zur Fiat-Technik, die dem US-Konzern den Bau spritsparender Autos ermöglichen soll

Washington. Fiat und Chrysler wollen sich gemeinsam gegen die beispiellose Krise der Autobranche stemmen. Der italienische Autobauer übernimmt dazu 35 Prozent des US-Konkurrenten, wie Fiat gestern mitteilte. Chrysler erhält im Gegenzug Zugang zur Fiat-Technik, die dem US-Konzern den Bau spritsparender Autos ermöglichen soll. Fiat, Chrysler sowie der Chrysler-Mehrheitseigner, der US-Finanzinvestor Cerberus, hätten ein Abkommen über "eine globale strategische Allianz" unterzeichnet, teilte Fiat mit. Für die "anfängliche" Beteiligung von Fiat an Chrysler bezahlen die Italiener ausschließlich mit der eigenen Kleinwagen-Technik. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass Fiat zu einem späteren Zeitpunkt seine Beteiligung an Chrysler weiter erhöht. Der Einstieg Fiats bei dem US-Autobauer sei "ein Schlüsselelement" zur Sanierung des US-Konzerns.Staat gewährte SoforthilfeChrysler steckt nach dem Wirtschaftsabschwung in den USA massiv in Schwierigkeiten und gilt unter den drei großen US-Autokonzernen als der am stärksten gefährdete. Das Unternehmen erhielt erst kürzlich 5,5 Milliarden US-Dollar (4,2 Milliarden Euro) Soforthilfen von der US-Regierung. Der US-Finanzinvestor Cerberus ist seit zwei Jahren Mehrheitseigner von Chrysler und hält über 80 Prozent der Aktien.Cerberus hatte den US-Konzern 2007 vom Stuttgarter Autobauer Daimler übernommen, nachdem es dieser über Jahre nicht geschafft hatte, den Hersteller wirtschaftlich auf Kurs zu bringen. Chrysler erhalte durch die Partnerschaft mit den Italienern Zugriff auf Technik zur Produktion "wettbewerbsfähiger und verbrauchsarmer Fahrzeugplattformen, Motoren und Komponenten", teilte Fiat mit. Die Vereinbarung sehe vor, dass Chrysler künftig seine Produktpalette erweitere und mehr Autos für den Stadtverkehr und Kompaktwagen anbiete. In den vergangenen Jahren hatte Chrysler den Trend zu sparsamen Autos verschlafen. Fiat bekommt im Gegenzug Zugang zum wichtigen US-Markt.Desweiteren stelle Fiat dem US-Konzern Vertriebsmöglichkeiten zum Verkauf seiner Autos zur Verfügung und wolle das Chrysler-Management bei Entscheidungen unterstützen. Durch die Partnerschaft erhielten beide Autokonzerne "Zugang zu den wichtigsten Automärkten", so Fiat-Chef Sergio Marchionne. Chrysler-Chef Bob Nardelli erklärte, die Partnerschaft ermögliche es seinem Konzern "eine wettbewerbsfähigere Fahrzeugpalette" anzubieten. Auch sichere die Übereinkunft beider Autohersteller Arbeitsplätze. afpMeinung

Gewagtes Spiel mit hohem Risiko für die Italiener

Von SZ-RedakteurThomas Sponticcia Der weltweite Autoabsatz ist als Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise eingebrochen. Mitten in dieses Szenario platzt der überraschende Einstieg von Fiat bei Chrysler, einem der größten Sorgenkinder der US-Autoindustrie. Verwunderlich, hat sich doch schon Daimler an Chrysler die Finger verbrannt. Fiat bezahlt den Einstieg nicht bar, sondern macht seine Technik zugänglich. Eine Chance für Chrysler, spritsparende Autos zu entwickeln, während Fiat Zugang zum US-Markt bekommt. Bleibt zu hoffen, dass nicht am Ende auch die Italiener mit einer kräftigen Finanzspritze Chrysler das Überleben sichern müssen. ChryslerDer drittgrößte amerikanische Autohersteller mit Bob Nardelli (Foto: afp) an der Spitze manövriert am Rande der Pleite. Die Liquiditätsdecke ist dünn, die Absatzzahlen desolat. Nur ein Staatskredit von vier Milliarden Dollar konnte die Insolvenz abwenden. Die Chrysler LLC gehört zu 80 Prozent dem US-Finanzinvestor Cerberus, 20 Prozent hält noch Daimler. Der Verkauf dieser Anteile scheiterte bisher an den Preisvorstellungen. dpaFiatItaliens größtes Unternehmen mit Sergio Marchionne (Foto: afp) an der Spitze, ist mehr als ein Autohersteller. Neben den Marken Fiat, Lancia, Alfa Romeo, Ferrari und Maserati verfügt Fiat über Beteiligungen an Versicherungen, Leasing-Unternehmen, Verlagen und im Flugzeugbau. 50 000 der 185 000 Fiat-Mitarbeiter arbeiten in der Autosparte. Letztere gilt als zu klein, um langfristig bestehen zu können. dpa

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