Fiat-Chef wirbt für "Hochzeit im Himmel"

Berlin. Sergio Marchionne liebt offenbar die Symbolik: Nicht im edlen Anzug, sondern eher unkonventionell - wie so oft in Hemd und Pullover - warb der Fiat-Chef gestern in Berlin um seine Pläne für den deutschen Autobauer Opel. Der Italiener aber hat alles andere als bescheidene Visionen: Zusammen aus Fiat, Chrysler und Opel will er den immerhin zweitgrößten Autokonzern der Welt schmieden

Berlin. Sergio Marchionne liebt offenbar die Symbolik: Nicht im edlen Anzug, sondern eher unkonventionell - wie so oft in Hemd und Pullover - warb der Fiat-Chef gestern in Berlin um seine Pläne für den deutschen Autobauer Opel. Der Italiener aber hat alles andere als bescheidene Visionen: Zusammen aus Fiat, Chrysler und Opel will er den immerhin zweitgrößten Autokonzern der Welt schmieden. So beschränkte Marchionne sein Understatement auf die Kleidung. Nicht im Kleinwagen Cinquecento ließ sich der Fiat-Chef zu Gesprächen mit Spitzenvertretern der Bundesregierung chauffieren, sondern in der Luxusmarke des Konzerns, einem Maserati: erst zu Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), dann ins Kanzleramt und anschließend zu SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. Auf dem Besuchsprogramm stand auch Opel-Betriebsratschef Klaus Franz. Ziel von Marchionnes Charme-Offensive: Die Widerstände aus der Politik und der Opel-Zentrale in Rüsselsheim brechen. Ob ihm das gelungen ist, wird sich wohl erst in den nächsten Tagen zeigen. SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier soll wie der Opel-Betriebsrat und die IG-Metall eher zu einem Zusammengehen mit dem kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna tendieren. Kritiker von Fiat führen an, dass es dem Konzern nur um die Kreditbürgschaften aus Deutschland gehe und er nicht an dem langfristigen Erhalt von Arbeitsplätzen interessiert sein könnte. Marchionne beziffert den "finanziellen Überbrückungsbedarf" der europäischen Betriebe von GM auf schätzungsweise fünf bis sieben Milliarden Euro. Auch die eine oder andere Schließung von Werken in Europa könne es geben. Das Werk in Kaiserslautern könnte betroffen sein. Guttenberg erinnerte gestern gleich mehrfach daran, dass die Entscheidung über die Zukunft von Opel grundsätzlich erst beim Mutterkonzern General Motors in Detroit falle. Die Pläne von Marchionne bewertet er daher eher zurückhaltend. Es handele sich um ein "interessantes Konzept", das erst einmal auf "Herz und Nieren" geprüft werden müsse. Marchionne ist geradezu euphorisch. "Aus technischer und industrieller Sicht ist das eine im Himmel geschlossene Hochzeit", zitiert die "Financial Times" den Fiat-Chef. Dass einst der damalige Daimler-Konzernlenker Jürgen Schrempp mit den gleichen Worten die gescheiterte Partnerschaft mit Chrysler pries, scheint Marchionne nicht zu stören. Ginge es nach dem Fiat-Chef, könnte die neue Auto-Weltfusion bis Ende Mai über die Bühne gehen.Doch nun ist erst einmal wieder Magna am Zug: Auf den Detail-Plan des Autozulieferers für eine "Hochzeit" mit Opel wartet Guttenberg noch. Meinung

Hochstapler oder Herkules?

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf Sergio Marchionne geht mit seinen Plänen volles Risiko. Auf Fiat lasten 19 Milliarden Euro Schulden, Chrysler hängt am Staatstropf und Opel kann ohne Milliardenhilfen nicht überleben. Wer ausgerechnet aus diesen Dreien einen neuen Weltkonzern formen will, ist entweder ein größenwahnsinniger Hochstapler oder hat das Zeug zu einem Herkules der Autobranche, stark genug, um gigantische Aufgaben zu bewältigen. Marchionne ist nach der Sanierung von Fiat immerhin so viel zuzutrauen, dass man seine Idee nicht von vornherein verdammen sollte. Die Bundesregierung muss nun akribisch das Konzept prüfen. Skepsis ist angebracht, aber vielleicht ist die Ehe mit Fiat die einzige Chance für Opel.

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