Die Poeten kommen Dichterwettstreit im Mia-Münster-Haus

St. Wendel · Saarlandmeister organisiert mit der Stadt- und Kreisbibliothek den ersten St. Wendeler Poetry Slam.

 Ein Mikrofon, Publikum und die eigene Dichtkunst – mehr braucht ein Poetry Slamer nicht. Am 5. März steigt im Mia-Münster-Haus der erste St. Wendeler Dichterwettstreit.

Ein Mikrofon, Publikum und die eigene Dichtkunst – mehr braucht ein Poetry Slamer nicht. Am 5. März steigt im Mia-Münster-Haus der erste St. Wendeler Dichterwettstreit.

Foto: picture alliance / dpa/Britta Pedersen

Poetry Slam ist eine Art literarischer Wettstreit vor Publikum. Jetzt bringt Saarlandmeister Johannes Warnke (25) diese vergleichsweise junge Kunstform nach St. Wendel. Am Donnerstag, 5. März, ist es so weit, ab 19.30 Uhr fechten Dichter und Poeten im Mia-Münster-Haus mit spitzen Zungen. Die Saarbrücker Zeitung unterhielt sich vorab mit dem Haupt-Organisator der Veranstaltung.

Herr Warken, wer malt, ist ein Maler, wer singt, ein Sänger – was ist jemand, der Poetry Slam betreibt?

Johannes Warnke Wer auf Poetry Slams auftritt, wird in der Szene als Slamer oder Poet bezeichnet.

Poetry Slam ist eine recht junge Kunstform. Können Sie kurz erklären, was da auf der Bühne passiert?

Warnke Poetry Slam entstand vor 20, 30 Jahren. Seit zehn Jahren wird auch im Saarland geslamt, genauer gesagt im „Dichterdschungel“ in Saarbrücken, in der Camera zwo. Dort bin ich übrigens Mitglied einer Gruppe, die jetzt einen Verein gründen will, der die Poetry-Slam-Szene im Saarland bisschen größer machen will. Aber zurück zur Frage: Poetry Slam ist ein moderner Dichterwettstreit. Bei einer Veranstaltung treten an einem Abend zwischen sechs und zehn Poeten auf. Dabei gibt es ein paar Regeln, die erste lautet: Alles, was vorgetragen wird, muss selbst geschrieben sein. Zweite Regel: Es gibt ein Zeitlimit. Man hat zwischen fünf und sieben Minuten, um vorzutragen, was man geschrieben hat. Dritte Regel: Man darf kein Kostüm tragen oder sonstige Requisiten benutzen. Auf dem Einrad mit Hamstern jonglieren, das geht nicht. Die letzte Regel gilt fürs Publikum: Respect the Poets! Jeder, der auf die Bühne geht, hat ein gewisses Maß an Respekt verdient. Denn jeder gibt da oben ein Stückchen von sich selbst. Und das sollte wertgeschätzt werden.

Was sind gemeinhin die Themen, mit denen sich die Poeten auseinandersetzen?

Warnke Da gibt es keine Regeln. Was man vorträgt, darf lustig sein, es darf nachdenklich sein, es darf tieftraurig sein, wütend oder gesellschaftskritisch – alle Themen durch die Bank sind erlaubt. Wenn jemand allerdings etwas sehr Menschenverachtendes vortragen würde, würde man ihn wahrscheinlich ein bisschen früher von der Bühne winken. Das habe ich selbst allerdings noch nicht erlebt. Slamer sind meistens Leute, die sehr sozial und zum Teil auch links eingestellt sind.

Wie sind Sie selbst zum Poetry Slam gekommen?

Warnke Während meiner Ausbildung zum Jugend- und Heimerzieher hatten wir in den Schulblock-Phasen immer auch so eine Art Wandertag – der Kursaktion genannt wurde, um ihn nicht Wandertag zu nennen. Einmal durfte ich einen solchen Tag organisieren. Und da ich mich schon bisschen länger für Poetry Slam interessiert hatte, habe ich gesagt: Gut, dann fahren wir zum Poetry Slam. Dort saß ich dann im Publikum und fand es einfach nur toll. Und ich habe mir gesagt: Das kannst Du auch, habe mich zu einem Workshop bei Jule Weber angemeldet – eine super tolle Frau mit super tollen Texten – und hab mir ein paar Texte geschrieben. Dann bin ich damit aufgetreten und habe meinen ersten Slam tatsächlich gewonnen, was ziemlich cool war.

Wo war das?

Warnke Das war ein Newcomer-Slam in Mannheim, in so einer kleinen ranzigen Raucherkneipe, wo vielleicht 80 Leute waren. Nix Großartiges, aber es hat Spaß gemacht, hat reingehauen und direkt süchtig gemacht. Wenn man auf der Bühne steht und die Leute anfangen zu klatschen und einem dann so eine physische Luftdruckwelle entgegenballert, nur weil man da stand und etwas von sich erzählt hat, das ist unfassbar. Und dann habe ich halt weiter gemacht.

Wann war das?

Warnke Das ist jetzt ungefähr vier Jahre her. In der Folge habe ich hobbymäßig ein oder zwei Auftritte im Monat gemacht. Irgendwann wurde ich nach Saarbrücken zu „Dichterdschungel“ eingeladen, zu den Saarlandmeisterschaften, und habe die tatsächlich gewonnen. Auf einmal war ich Saarlandmeister. Das war 2018. Damit hatte ich mich für die Deutsche Meisterschaft in Berlin im vergangenen Oktober qualifiziert.

Wie lief es in der Hauptstadt?

Warnke Für eine vordere Platzierung hat es nicht gereicht. Aber das war schon etwas Besonderes, plötzlich die ganzen Leute zu treffen und kennenzulernen, die man die ganze Zeit auf Youtube geguckt hat, um in das Thema reinzukommen und ein Gefühl für die Szene zu kriegen. Dann steht man auf einmal in einem Pulk von Leuten, die man angehimmelt hat und denkt sich: Heilige Scheiße! Ich habe mich jedem vorgestellt, der in meiner Greif-Reichweite war und habe alle kennengelernt – alles supertolle Menschen. Und das ist auch das, was beim Poetry Slam mit am meisten Spaß macht: Jeder, der da auf die Bühne geht, hat etwas zu erzählen. Das sind Menschen, mit denen es lohnt, sich zu unterhalten. Da entspinnen sich die Gespräche schonmal in unerwartet absurde Richtungen.

Wo nehmen Sie die Ideen für ihre Texte her?

Warnke Es gibt verschiedene Techniken. Bei mir ist es so, dass ich ein aktuelles Thema habe – etwas, das mich gerade beschäftigt, oder wenn gerade etwas Aktuelles passiert ist. Dann laufe ich mit einer Idee rum und formuliere im Kopf immer wieder ein paar Wortfetzen und Sätze. Irgendwann komme ich dann an den Punkt, an dem ich sage: So, jetzt ist es so weit. Dann setze ich mich hin und schreibe das runter. Danach lasse ich das Geschriebene meistens drei oder vier Tage liegen, gehe dann nochmal ran und überarbeite das ganze. Und dann ist der Text in einer Woche etwa fertig. Ich muss in meinem Kopf ganz viel Story-Druck aufbauen und das dann in einem Schwall rausballern.

Wie groß ist die Szene im Saarland, gibt es hierzulande viele Slamer?

Warnke Leider nein. Es gibt viele Ecken, wo die Leute gar nicht wissen, was Poetry Slam überhaupt ist. Und wenn man das nicht kennt, wie soll man dann darauf kommen, es selbst zu machen? Deswegen ist unser Ziel, von Saarbrücken, vom Dichterdschungel aus, das ganze ins Land hinein zu tragen. Dafür möchte ich meine Position als Saarlandmeister ausnutzen, um das bisschen größer und bisschen bekannter zu machen. Deswegen machen wir jetzt auch den Poetry Slam in St. Wendel. Ziel ist es, dadurch mehr Nachwuchs zu generieren. Denn es ist schon bisschen blöd, wenn man immer die selben Leute einlädt.

Was, wo und wann macht Ihr denn in St. Wendel?

Warnke Wir organisieren einen ganz klassischen Poetry Slam. Und zwar am 5. März um 19.30 Uhr im städtischen Mia-Münster-Haus. Sieben Leute haben wir eingeladen, die meisten aus dem Saarland. Einen weiteren Platz halten wir offen. Wer spontan Lust hat mitzumachen und diesen Platz ergattern möchte: Wir legen eine Liste aus, da kann man sich eintragen. Der Poetry Slam im Mia-Münster-Haus ist übrigens nur der Auftakt für St. Wendel, unser Pilot-Projekt. Im Nachgang wollen wir dann Workshops anbieten. Dort können sich die Leute mal ausprobieren, können sich Tipps abholen und sich anschauen, wie alles funktioniert.

Der Slam im Mia-Münster-Haus kostet Eintritt?

 Saarland-Meister-Slamer Johannes Warnke organisiert mit Unterstützung der Stadt- und Kreisbibliothek den St. Wendeler Poetry Slam.

Saarland-Meister-Slamer Johannes Warnke organisiert mit Unterstützung der Stadt- und Kreisbibliothek den St. Wendeler Poetry Slam.

Foto: Carsten Müller

Warnke Ja, für Schüler kostet der Eintritt sechs Euro, Erwachsene zahlen zwölf. Der Vorverkauf in der Bücherei läuft bereits.

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