Farbloses am roten Teppich"Abschussrampe" für US-Filme?

Cannes. Das Strahlen fällt dem Filmfestival in diesem Jahr nicht so leicht wie sonst. Stattdessen wirkt die Stimmung bei der 63. Ausgabe vielfach getrübt. Nicht nur, dass genörgelt wird über den unglamourösen Wettbewerb oder das Fehlen sehnlichst erwarteter Filme unter den 19 Konkurrenten um die Goldene Palme

Cannes. Das Strahlen fällt dem Filmfestival in diesem Jahr nicht so leicht wie sonst. Stattdessen wirkt die Stimmung bei der 63. Ausgabe vielfach getrübt. Nicht nur, dass genörgelt wird über den unglamourösen Wettbewerb oder das Fehlen sehnlichst erwarteter Filme unter den 19 Konkurrenten um die Goldene Palme. Es wurde auch das eingeladene Jurymitglied, der iranische Filmemacher Jafar Panahi, vor seiner Anreise verhaftet.Dass Regisseur Ridley Scott nicht zur Premiere seines Eröffnungsfilms "Robin Hood" anreisen konnte, lag nicht an der isländischen Aschewolke, die kurz vor Festivalbeginn erneut Richtung Südeuropa zog, sondern an einer Knieoperation des Briten. Dessen Film entpuppte sich als überraschend farbloses Pfeil-und-Bogen-Abenteuer. Hauptdarsteller Russell Crowe, der zusammen mit Cate Blanchett angereist war, die Lady Marian spielt, zeigte sich - anders als die meisten Kritiker - dennoch von dieser x-ten Neuinterpretation des Mythos angetan. "Wir hatten einen arroganten Ansatz, uns dieser tausendfach erzählten Geschichte zu nähern. Was immer die Zuschauer bislang über 'Robin Hood' wussten: Es war falsch", sagte der Australier mit ruhig raunender Unbescheidenheit in Cannes. Welche Ziele Robin Hood wohl heute hätte? "Die Börse vielleicht oder auch die monopolisierten Medien." Cate Blanchett berichtete derweil, was die Dreharbeiten für sie bedeutet hatten: "Matsch, ganz viel Matsch. Aber immerhin durfte ich Russell küssen."Geküsst wurde bei der Vorstellung der Jury zwar nicht. Dafür gab sich der zauselhaarige Präsident Tim Burton recht harmonisch. "Es wird Diskussionen über die Filme geben, aber hoffentlich keine neun wütenden Künstler", erklärte der Hollywoodfantast inmitten der acht weiteren Jurymitglieder. Dass mit Doug Limans "Fair Game" nur ein US-Beitrag in der Palmen-Konkurrenz ist, stört ihn nicht. "Wir gehen an diese Aufgabe vorurteilsfrei heran, haben Mitgefühl mit jedem Filmemacher und lassen uns gern überraschen." Wieviele Überraschungen im Wettbewerb stecken, zeigt sich bis zum 23. Mai - dann wird die Goldene Palme verliehen.Berlin. Der Regisseur Volker Schlöndorff sieht die Bedeutung des Filmfestes in Cannes für Filmemacher schwinden. "Cannes ist der große Filmmarkt und die Abschussrampe für die amerikanischen Filme geworden", sagte der 1979 für seinen Film "Die Blechtrommel" mit der Goldenen Palme ausgezeichnete Regisseur im Deutschlandradio. Seiner Ansicht nach ist das Festival inzwischen vor allem "ein riesiges Marketing-Unternehmen". Das letzte, was es dort noch an Filmkunst gebe, werde im Wettbewerb aufgeboten. ddp

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