Fachleute fordern dauerhaft geförderten Arbeitsmarkt

Saarbrücken · Für Menschen, die keine Chancen haben, irgendwo eine reguläre Arbeit zu finden, müssen dauerhafte Arbeitsmöglichkeiten organisiert werden. Das fordern die Fachleute der Beschäftigungsträger.

 Bärbel Heil-Trapp, Dieter Schumann, Monika Steffen-Rettenmaier (v.l.) Foto: Iris Maurer

Bärbel Heil-Trapp, Dieter Schumann, Monika Steffen-Rettenmaier (v.l.) Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

Für Menschen, die Hartz IV beziehen und kaum noch Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt haben, "wird die Luft immer dünner". Die Jobcenter "haben kaum noch die Möglichkeit, Arbeitsmaßnahmen für diese Leute zu finanzieren". Das beklagen - nicht zum ersten Mal - die Vorstände der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Beschäftigung und Qualifizierung Saar. Doch so dramatisch wie zurzeit "war die Situation selten", sagt LAG-Vorsitzende Bärbel Heil-Trapp. Hauptberuflich ist sie Abteilungsleiterin Jugendberufshilfe beim Diakonischen Werk an der Saar.

Vor gut einem Jahr hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) die berufliche Förderung von Arbeitslosengeld-II-Beziehern neu geregelt. "Zunächst einmal wurden viele Angebote für Menschen mit Vermittlungshemmnissen gestrichen", bedauert LAG-Vorstandsmitglied Monika Steffen-Rettenmaier und Geschäftsführerin der Neuen Arbeit Saar (NAS). Vor allem Arbeitsgelegenheiten (AGH oder Ein-Euro-Jobs) "sind drastisch zurückgefahren worden". Laut einer Umfrage unter den 24 LAG-Mitgliedsorganisationen gibt es im Saarland noch 770 AGH, zu Hoch-Zeiten waren es mehr als 3000. In der Bürgerarbeit, die diese Lücke schließen sollte, sind aufgrund der gleichen Umfrage knapp 810 öffentlich geförderte Jobs registriert. "Zahlreiche Beschäftigungsprojekte mussten geschlossen werden", sagt Heil-Trapp.

Das trifft die Träger hart. Auch sie können ihre Mitarbeiter nicht mehr alle beschäftigen. Bei den LAG-Mitgliedern sind derzeit noch knapp 150 Mitarbeiter angestellt, Anfang 2012 waren es noch 170. Es werde außerdem immer schwerer, Fachleute zu bekommen, die die Menschen, die in den Projekten beschäftigt sind, "anleiten und bei der Stange halten können". Es sei nun einmal eine schwierige Klientel mit "mehreren Vermittlungshemmnissen", sagen die Fachleute. Dahinter stecken häufig Suchtprobleme, familiäre Sorgen oder gesundheitliche Einschränkungen gepaart mit geringem Selbstvertrauen. "Dennoch wollen unsere Mitglieder ihre Strukturen möglichst erhalten", sagen die LAG-Vorstände. "Sonst können diese Menschen nicht mehr sinnvoll beschäftigt werden, obwohl Arbeit im Überfluss vorhanden ist." Im Rahmen der Projekte werden zum Beispiel Möbel repariert, um sie in Sozialkaufhäusern an Bedürftige verkaufen zu können.

Derzeit hilft man sich mit der Verknüpfung mehrerer Maßnahmen. So haben die Träger eine "Kombi-AGH" entwickelt. Dahinter steckt eine Beschäftigung von 20 Stunden pro Woche und eine Qualifizierung von zehn Wochenstunden, die von den Jobcentern über den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) bezahlt wird.

Die Krux bei alldem ist, dass "die Menschen nicht dauerhaft in den Maßnahmen arbeiten dürfen". Dies müsse abgeschafft und die Gesetze so geändert werden, "dass ein sozialer Arbeitsmarkt mit öffentlich geförderter Beschäftigung entsteht", sagt Steffen-Rettenmaier. Um den Jobcentern mehr Flexibilität beim Einsatz ihrer Mittel zu ermöglichen, "muss ein Passiv-Aktiv-Transfer möglich gemacht werden", fordert der stellvertretende LAG-Vorsitzende Dieter Schumann, Projektleiter bei der Gemeinnützigen Gesellschaft für Arbeitslosenberatung und Beschäftigung Burbach (gabb). Das bedeutet, dass das Arbeitslosengeld II, das eingespart wird, wenn ein Langzeitarbeitsloser in einem öffentlich geförderten Projekt tätig ist, in diese Maßnahme fließen sollte. "Diese Trennmauer zwischen den einzelnen Haushalts-Titeln muss eingerissen werden", so Schumann.

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