Ex-HSH-Vorstand vor Gericht

Hamburg · Ein Wirtschaftsprozess mit Symbolcharakter: Die komplette frühere Vorstandsriege der HSH Nordbank muss sich wegen eines Geschäfts in der Finanzkrise vor Gericht verantworten.

Erstmals muss sich ein kompletter Bankenvorstand wegen Folgen der Finanzkrise vor Gericht verantworten - der Prozess gegen sechs frühere Topmanager der HSH Nordbank hat unter großem Medienandrang in Hamburg begonnen. Der Vorsitzende Richter, Marc Tully, machte gleich zum Auftakt klar: Das Landgericht betrete juristisches Neuland. Ob der Vorwurf der Kredituntreue auf Finanzprodukte wie das im Mittelpunkt stehende "Omega 55" übertragbar ist, sei ungeklärt, sagte er zum Verhandlungsbeginn. "Die Strafkammer betritt Neuland", erklärte Tully. "Das ist für alle Beteiligten keine ganz glückliche Situation."

Der sechsköpfige frühere HSH-Vorstand, darunter Vorstandschef Hans Berger und Ex-Finanzchef Dirk Jens Nonnenmacher - er wurde später selbst HSH-Chef -, soll der Bank 2007 einen Schaden von 158 Millionen Euro zugefügt haben. Mit der Finanztransaktion "Omega 55" hätten sie ihre Pflichten verletzt und damit Untreue in einem besonders schweren Fall begangen, so die Staatsanwaltschaft.

Nonnenmacher und einem weiteren Angeklagten wird zudem Bilanzfälschung vorgeworfen. Alle sechs haben bislang die Vorwürfe dementiert und darauf verwiesen, ihre Pflichten als Vorstände gewissenhaft erfüllt zu haben. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.

Bei "Omega 55" vereinbarte die HSH Nordbank mit der französischen BNP Paribas ein Gegengeschäft, bei dem letztlich neuartige Finanzprodukte und Risiken von rund 400 Millionen Euro bei der HSH landeten. Auch Papiere der späteren Pleitebank Lehman Brothers waren darin enthalten.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, dass sie auf der Grundlage ihrer Unterlagen die Chancen und Risiken des Geschäfts gar nicht hätten abwägen können. "Die Kreditvorlage war schwer verständlich und enthielt keine aussagekräftige Information über Kosten und Erträge des Geschäfts", sagte der Staatsanwalt. Die Vorstände hätten hohe Verluste bewusst in Kauf genommen, um nach außen bessere Zahlen zu zeigen. Der Zeitrahmen für die Risikobewertung sei mit wenigen Tagen unangemessen kurz gewesen, ergänzte der Ankläger. Außerdem habe das "Omega"-Geschäft im Widerspruch zu HSH-Vorstandsentscheidungen seit Sommer 2007 gestanden.

Schon in den Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen zur HSH Nordbank in Hamburg und Kiel hatte Nonnenmacher auf seine Art deutlich gemacht, wie er die umstrittenen Finanzgeschäfte wie "Omega 55" sieht: "Es ist nun einmal das Geschäft von Banken, Risiken aufs Buch zu nehmen und andere Risiken weiterzugeben. Und solche Transaktionen sind eine Möglichkeit des Risikomanagements. Man möchte ein bestimmtes Risiko nicht mehr in den Büchern haben und sucht sich jemanden, der es übernimmt." Zum Vorwurf der Bilanzfälschung bemerkte er: "Eine falsche Bilanz ist keine gefälschte Bilanz." Verständnis fand er bei den Parlamentariern nicht.

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