Europäische Eiertänzer

Meinung · Das Gehampel der europäischen Eiertänzer nervt ja schon lange, nunmehr droht es zum echten Ärgernis zu werden. Der deutsch-französische Gipfel mitsamt seiner Begleitmusik machte gestern abermals deutlich, warum das Ansehen der Politik allmählich auf Werte sinkt wie das Vertrauen in griechische Anleihen: Beschlossen wurde nichts, verkleistert hat man die eigene Hilflosigkeit mit politischer Lyrik

Das Gehampel der europäischen Eiertänzer nervt ja schon lange, nunmehr droht es zum echten Ärgernis zu werden. Der deutsch-französische Gipfel mitsamt seiner Begleitmusik machte gestern abermals deutlich, warum das Ansehen der Politik allmählich auf Werte sinkt wie das Vertrauen in griechische Anleihen: Beschlossen wurde nichts, verkleistert hat man die eigene Hilflosigkeit mit politischer Lyrik.Es ist fatal: Während die Griechenland-Krise der Kernschmelze entgegen dampft, zanken sich Europas Regenten weiter über den richtigen Weg. Die Küsschen-Diplomatie von Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy kann nicht darüber hinweg täuschen, dass die beiden ungleichen Staatenlenker keine gemeinsame Linie finden. Das ist schlecht für die innere Stabilität Europas, und es ist auch ein wesentlicher Grund dafür, warum die EU bis heute keinen Plan hat für die Beendigung des Dramas von Athen.

Jenseits dieser historischen Problematik, in der alle möglichen Lösungsvorschläge in einem chaotischen EU-Interessengewirr untergehen, schält sich heraus: Die Kanzlerin, hochdekoriert von Indern und Amerikanern, ist der Krise nicht gewachsen. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble stößt an seine Grenzen. Seine Idee von der Beteiligung privater Banken und Versicherungen klingt zwar prima; doch da sie politisch nicht mehrheitsfähig ist, tendiert ihr Wert gegen Null. Insofern war auch das politische Management fragwürdig, das die Griechenlandhilfe vor einer Woche durch einen Bundestagsbeschluss an Bedingungen knüpfte - die Merkel nun wieder kleinlaut räumen musste.

Jetzt rächt sich auch, dass die deutsche Regierung keine Freundschaftskontakte mehr pflegt, wie das noch Helmut Schmidt, Helmut Kohl und Gerhard Schröder mit ihren französischen Partnern praktiziert haben. Merkel ist dazu offenbar nicht der Typ. Ein Riesenkarren wie die EU braucht aber stabile Achsen und nicht umsonst schauen auch die kleineren Nachbarn hoffnungsvoll nach Paris und Berlin. Leider hat man weder den Eindruck, dass die Regierung Merkel frankophil ist, noch dass sie wirklich souverän mit der griechischen Tragödie umgeht. Bei dem deutsch-französischen Treffen gestern in Berlin ging es nur um Gesichtswahrung, die angebliche Einigung bestand aus einem "Kompromiss" - der einer Volksverdummung recht nahe kommt. Die Beteiligung privater Gläubiger an der Athener Schrumpfkur soll also "absolut freiwillig" sein. Na prima, dann schauen wir mal, wer freiwillig auf sein Geld verzichtet.

"Wir diskutieren immer wieder die gleichen Fragen, ohne dass sie gelöst werden", klagte Merkel gestern. Wenigstens in diesem Punkt hat sie Recht.

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