Europa verliert an Kreditwürdigkeit

Frankfurt/Luxemburg. Der Euroraum hat nach Ansicht der einflussreichen US-Ratingagentur Moody's an Kreditwürdigkeit eingebüßt. Der gemeinsame Rettungsschirm, der die Problemfälle unter den Euroländern mit frischem Geld versorgen soll, besitzt bei Moody's seit Freitag keine Spitzenbonität mehr

Frankfurt/Luxemburg. Der Euroraum hat nach Ansicht der einflussreichen US-Ratingagentur Moody's an Kreditwürdigkeit eingebüßt. Der gemeinsame Rettungsschirm, der die Problemfälle unter den Euroländern mit frischem Geld versorgen soll, besitzt bei Moody's seit Freitag keine Spitzenbonität mehr. Damit muss Europa im Kampf gegen die Schuldenkrise nach den jüngsten Fortschritten bei der Rettung Griechenlands einen herben Rückschlag einstecken.Moody's senkte die Bonitätsnoten der zwei Rettungsfonds ESM und EFSF vom Bestwert "Aaa" um eine Stufe auf "Aa1". Der Ausblick für beide bleibt zudem negativ. Es droht eine weitere Absenkung der Note. Je schlechter ein Rating, desto teurer und schwerer kann die Aufnahme von Geld am Kapitalmarkt werden.

Die Krisenfonds geben im Notfall an den Finanzmärkten Anleihen heraus, für welche die Euroländer gemeinschaftlich garantieren. Diese Gelder werden dann als Kredite an bedürftige Staaten weitergegeben. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) ist in diesem Konstrukt der Nachfolger des zeitlich begrenzten Rettungsschirms EFSF.

Die Abstufung sei eine Folge der schlechteren Bonität des Euro-Schwergewichts Frankreich, erklärte Moody's. Frankreich ist nach Deutschland die wichtigste Stütze des ESM. Der Anteil der Franzosen liegt bei 20,3 Prozent. Deutschland steht hinter 27,1 Prozent der 700 Milliarden Euro an Kapital und Garantien.

Bei der Ratingagentur Fitch besitzt der Rettungsschirm weiter das begehrte Triple-A, was die Folgen der Moody's-Entscheidung abmildert. Üblicherweise verlangen Investoren erst einen Aufschlag, wenn mehrere Ratingagenturen den Daumen gesenkt haben.

Moody's hatte Frankreich vor zwei Wochen seines Spitzenratings beraubt und ebenfalls auf "Aa1" abgestuft. Im Gegensatz dazu besitzt die Bundesrepublik bei allen drei großen Ratingagenturen weiter ein Triple-A, bei Moody's allerdings mit einem negativen Ausblick.

"Moody's Rating-Entscheidung ist schwer zu verstehen", sagte Klaus Regling, der Chef des Euro-Rettungsschirms. Moody's verkenne den außergewöhnlich festen institutionellen Rahmen, die politische Rückendeckung sowie die starke Kapitalstruktur. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker stellte sich stellvertretend für die 17 Euroländer hinter ESM und EFSF - "politisch und finanziell".

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, zeigte dagegen Verständnis für das Verhalten der Ratingagentur. "Alle verlangen immer frühzeitige Warnungen von den Ratingagenturen. Deshalb sollte man sich jetzt nicht beschweren." Vor allem nach der Finanzkrise im Jahr 2008 war den Ratingagenturen vorgeworfen worden, die Warnzeichen nicht rechtzeitig genug erkannt zu haben.

Die Europäische Union will nun als eine Lehre aus der Krise die Ratingagenturen deutlich stärker an die Kandare nehmen. Künftig sollen die Bonitätsprüfer für grobe Fehlurteile haftbar sein. Anleger und Emittenten können vor Gericht Verluste einklagen, wenn Ratingagenturen ein Unternehmen oder einen Staat absichtlich oder fahrlässig falsch beurteilen. dpa

Foto: dapd

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