Europa kämpft gegen die Krise

Brüssel. Europa stemmt sich fieberhaft gegen eine Eskalation der Schuldenkrise. Um einen Bankenkollaps zu verhindern, schlug die EU-Kommission ein Maßnahmen-Bündel vor. Die "Schutzwälle" müssten verstärkt werden, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso gestern im Europaparlament. Notfalls sollen den Banken milliardenschwere Kapitalspritzen aufgezwungen werden

Brüssel. Europa stemmt sich fieberhaft gegen eine Eskalation der Schuldenkrise. Um einen Bankenkollaps zu verhindern, schlug die EU-Kommission ein Maßnahmen-Bündel vor. Die "Schutzwälle" müssten verstärkt werden, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso gestern im Europaparlament. Notfalls sollen den Banken milliardenschwere Kapitalspritzen aufgezwungen werden. Erst am Wochenende war der belgisch-französische Bankkonzern Dexia zerschlagen worden. Es war die erste große Bankengruppe, die in den Strudel der europäischen Schuldenkrise geriet.Einzelheiten für höhere Kernkapitalquoten soll die Europäische Bankenaufsicht (EBA) in London vorschlagen. Falls eine Bank frisches Kapital brauche, sollte es auf Dividenden- und Bonusauszahlungen verzichten. Nach Medienberichten ist eine sogenannte harte Kernkapitalquote von neun Prozent im Gespräch - Barroso äußerte sich nicht zu Zahlen.

Zunächst müssten sich die Banken über den Markt finanzieren, dann seien erst die Staaten an der Reihe. "Falls diese Hilfe nicht zur Verfügung steht, sollte es Kredite von EFSF geben", sagte Barroso im EU-Parlament mit Blick auf dem Rettungsfonds für kriselnde Eurostaaten (EFSF).

Bei der Definition des Kernkapitals setzt sich die Behörde dafür ein, die vergleichsweise harten Maßstäbe nach dem Basel-III-Abkommen anzusetzen. Die Institute müssen für ihre ausgegebenen Kredite - dazu zählt das Geld, das sie Staaten mittels Staatsanleihen leihen - eine festgelegte Quote an hartem Kernkapital als Sicherheit gegen Zahlungsausfälle oder Wertberichtigungen vorhalten.

Barroso sprach sich auch dafür aus, den bereits vereinbarten ständigen Krisenfonds für finanzschwache Eurostaaten (ESM) um ein Jahr auf Mitte 2012 vorzuziehen. Der ESM soll den EFSF ablösen.

Die Leistungsfähigkeit des EFSF, der bisher 440 Milliarden Euro ausleihen kann, müsse "maximalisiert" werden, so Barroso. Er spielte damit auf Szenarien an, sogenannte Kredithebel einzusetzen, um die Ausleihkapazität des Fonds zu steigern. Es gibt Befürchtungen, wonach der Rettungsschirm Schieflagen in Italien oder Spanien nicht mehr stemmen könnte.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dämpfte Erwartungen, die Schulden- und zugleich drohende Bankenkrise rasch eindämmen zu können. "Es wird niemals die eine Lösung sein für das gesamte Problem (...) Einen Paukenschlag, einen Befreiungsschlag wird es nicht geben", sagte Merkel in Ho-Chi-Minh-Stadt in Vietnam.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann forderte die Staats- und Regierungschefs der Euroländer auf, die "richtigen Lehren aus dieser Krise zu ziehen" und ein "stabiles Fundament der Währungsunion" sicherzustellen. Immer nur die Rettungsschirme auszuweiten könne keine Lösung sein. Der amerikanische Top-Ökonom Nouriel Roubini forderte eine "Brandmauer" um die beiden hoch verschuldeten Länder Spanien und Italien. "Dazu muss der Fonds auf mindestens zwei Billionen Euro erweitert werden", sagte Roubini. Aus US-Sicht sei Europa eine "tickende Zeitbombe". dpa