Euro-Partner bangen um Spanien

Luxemburg. Die Sorgen um Spanien werden immer größer. Kurz vor einem Treffen der Finanzminister des Euro-Raums verdichteten sich gestern in Luxemburg die Anzeichen, dass Madrid mit den bereits zugesagten 100 Milliarden zur Stabilisierung seiner Banken nicht klarkommen wird

Luxemburg. Die Sorgen um Spanien werden immer größer. Kurz vor einem Treffen der Finanzminister des Euro-Raums verdichteten sich gestern in Luxemburg die Anzeichen, dass Madrid mit den bereits zugesagten 100 Milliarden zur Stabilisierung seiner Banken nicht klarkommen wird. Zwar konnte sich das Land gestern mit frischem Geld eindecken und bei Anlegern rund 2,2 Milliarden Euro einkassieren - zehn Prozent mehr als zunächst geplant. Die Zinsen aber stiegen nochmals deutlich an. Für zwölfmonatige Anleihen musste die Regierung fast 5,1 Prozent bieten. Im Mai waren es noch 2,9 Prozent. Bereits ausgegebene, zehnjährige Papiere werden bei sieben Prozent gehandelt. Bleiben die Zinsen auf Dauer so hoch, sagte der Generalsekretär des Spanischen Bankenverbandes (AEB), Pedro Pablo Villasante, wird "es für Spanien auf Dauer nicht möglich, dem Druck standzuhalten".Madrids Wirtschaftsminister Luis de Guindos legte den EU-Kolleginnen die beiden mit Spannung erwarteten Gutachten der Beratungsformen Oliver Wyman und Roland Berger vor, die den genauen Finanzbedarf ermittelt hatten. Demnach benötigen die spanischen Banken Hilfen in Höhe von 62 Milliarden Euro. Bisher war die EU von 40 Milliarden an direkten Zuschüssen sowie weiteren 40 Milliarden für Umstrukturierungsmaßnahmen ausgegangen und hatte den Finanzbedarf auf 100 Milliarden hochgerechnet. Eine Entspannung bedeuten die niedrigeren Zahlen aber nicht. Ministerpräsident Mariano Rajoy befürchtet nämlich, dass die Unterstützung durch den Rettungsschirm auf den allgemeinen Schuldenstand Spaniens angerechnet wird. Das gesamtstaatliche Defizit stiege auf über 90 Prozent der Wirtschaftsleistung an. Die Folgen für weitere Anleiheaktionen wären fatal. Dann müsste Spanien wohl über kurz oder lang als Staat um EU-Hilfe bitten. Die 100 Milliarden nur für die Banken würden bei weitem nicht genügen.

Erleichterung, so der italienische Regierungschef Mario Monti, könnte ein Aufkauf von Anleihen durch den EFSF-Rettungsschirm bringen. In der Vergangenheit hatte die Europäische Zentralbank (EZB) bereits mit Aufkäufen den Zinsdruck auf die Schuldenstaaten abgemildert. Eine Verpflichtung der EZB zu weiteren Käufen ist aber nicht möglich. Das wäre ein Verstoß gegen die Unabhängigkeit der Euro-Bank. Trotzdem gab es gestern Hinweise darauf, dass die EZB doch eine Hilfsaktion plant. Offenbar will sie durch eine Lockerung der Sicherheiten für Zentralbankkredite helfen. Das bedeutet: Spanische Banken könnten Wertpapiere mit erheblich schlechterer Bewertung als bisher bei der EZB hinterlegen und dafür entsprechende Finanzmittel bekommen.

Unklar blieb gestern, ob die Finanzminister den griechischen Forderungen nach Lockerung der Auflagen nachgeben. "Wenn alle die eingegangene Verpflichtungen erfüllen, dann wären die Probleme bald gelöst", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Athen will jedoch den Spardruck mildern und mit der Rückzahlung der Kredite zwei Jahre länger, also bis 2017 Zeit bekommen. Experten zufolge würde dies eine Erhöhung der Notkredite um 16 bis 20 Milliarden Euro nötig machen.

Meinung

Langfristige Signale

Von SZ-KorrespondentDetlef Drewes

Was nun erwartet wird, sind langfristige Signale. Steuert Europa auf eine Fiskalunion zu, also auf eine Gemeinschaft von Staaten, die nur noch ausgibt, was sie einnimmt und die Genehmigung von Schulden in die Hände einer Zentralverwaltung legt? Jeder weiß zwar, dass eine Fiskalunion mit einer Dauer von einigen Jahren ist. Aber ein Fahrplan wäre schon eine wichtige Botschaft. Europa muss mehr denn je klarmachen, wo es steht und wo es hin will.

Dazu gehören aber auch Offenheit und Klarheit. Spanien, Griechenland und Italien müssen ihre Zahlen auf den Tisch legen. Die Partner sollen wissen, woran sie sind und womit sie rechnen müssen. Es kann nicht sein, dass auch die Euro-Finanzminister jede Woche von irgendwelchen Krisenbotschaften aufs Neue überrascht werden.

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