EU will Milchbauern unterstützen

Brüssel · Der Milchpreis stürzt ab und bringt viele Landwirte in Existenznot. Nun sollen bei einem Treffen der EU-Agrarminister neue Maßnahmen her. Doch eine einheitliche Position ist nicht in Sicht.

Nach dem Preisverfall bei Milch wollen die EU-Staaten den protestierenden Milchbauern unter die Arme greifen. Angedacht sind laut EU-Diplomaten etwa Subventionen, um Magermilchpulver und Butter einzulagern. Direkte Einkommenshilfen der EU an Landwirte sollen früher als üblich ausgezahlt werden, also schon Mitte Oktober statt Anfang Dezember. Zudem will Brüssel den Handel und Export mit Kampagnen ankurbeln und es den Staaten erleichtern, Kredite an Landwirte zu vergeben. Europas Agrarminister beraten heute bei einem Sondertreffen in Brüssel über Sofortmaßnahmen gegen die Krise.

Europäische Exportoffensive



Umstritten sind nach wie vor Eingriffe in den Milchmarkt. Während Frankreich dies befürwortet, ist der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU ) dagegen. Experten erwarten bei dem Krisentreffen daher nur einen Minimalkompromiss. Die französische Regierung hatte ihren Bauern vor wenigen Tagen neue Millionenhilfen wie Notkredite, Zahlungsaufschübe und Investitionshilfen versprochen.

Die EU-Kommission hat ein Paket angekündigt, das EU-Agrarkommissar Phil Hogan den Ministern vorstellen will. Hogan und Schmidt lehnen die Wiedereinführung einer Quotenregelung strikt ab. "Wir stimmen alle überein, die Marktorientierung der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik beizubehalten", hatte der Kommissar jüngst gesagt. Am 1. April war die Milchquote abgeschafft worden, die Bauern können nun so viel melken, wie sie wollen. Dies hat für ein Überangebot gesorgt.

Der Milchpreis war zuletzt von rund 40 Cent pro Kilo Rohmilch auf unter 30 Cent gesunken. Grund für den Preiseinbruch sind etwa das russische Einfuhrverbot für europäische Agrarprodukte infolge der Ukraine-Krise und die gesunkene Nachfrage aus China.

Das Treffen der EU-Agrarminister wird begleitet von Tausenden Bauern, die nach Angaben von Bauernverbänden zu Protesten in die belgische Hauptstadt kommen. Auch Hunderte Milchbauern aus Deutschland wollten sich mit ihren Traktoren auf den Weg nach Brüssel machen.

Zur Unterstützung der notleidenden Milchbauern fordert der Deutsche Bauernverband (DBV) finanzielle Soforthilfen und eine europäische Exportoffensive. Der Verfall des Milchpreises könne nur mit nachhaltigen Lösungen gestoppt werden, sagte Generalsekretär Bernhard Krüsken. Er forderte den Ministerrat zu einem "Signal" auf, das "mit einer marktpolitischen Lösung" begleitet werden müsse. Der Bauernverband schlägt vor, "zukunftsfähige Absatzmärkte in Drittländern zu erschließen". Potenzial sieht Krüsken etwa in Südostasien oder im Mittleren Osten. Landwirten, die akute Geldnöte haben, müsse aber schnell geholfen werden, etwa mit Bürgschaftsprogrammen des Bundes.

Bundesminister Schmidt kündigte an, sich "für ein europäisches Paket zur Exportförderung" einzusetzen. Die grünen Agrarminister der Bundesländer forderten Schmidt in einem offenen Brief zur Krisenhilfe etwa in Form einer freiwilligen Quote sowie einem Sondertreffen von Ländern, Verbänden und Handel auf.

Meinung:

Nicht zurück zur Quote

Von SZ-Korrespondent Detlef Drewes

Die Landwirte wissen, dass sie enttäuscht werden. Weder die Europäische Kommission noch die Agrarminister wollen zu einer Quote zurück, die die Milcherzeugung erneut an die Leine Brüssels legt. Die Grundsatzentscheidung für eine marktorientierte Produktion war richtig. Deshalb wird man über Zuschüsse und Beihilfen reden, die entweder einmalig oder auf jeden Fall befristet sind. Das schafft Erleichterung, aber keine dauerhafte Verbesserung. Denn die Probleme sind in den Mitgliedsstaaten unterschiedlich. So herrschen etwa in Deutschland Handelsketten und Molkereien über die Preise. Eine neue Quote kann diese Umbauten an den Märkten in den einzelnen Staaten nicht ersetzen.

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