EU will mehr Rechte für Urlauber

Urlauber, die verschiedene Bausteine ihrer Reise selbst im Internet buchen, sollen künftig vor einer Insolvenz des Reiseanbieters geschützt werden. Darauf haben sich die EU-Staaten gestern in Brüssel geeinigt. Was die Vereinbarung im Detail für Reisende bedeutet, erläutert SZ-Korrespondent Detlef Drewes in Frage-Antwort-Form:

Was ändert sich für Urlauber, die ihre Reisen selbst im Internet zusammenstellen?

Rund 30 Prozent aller Urlaube werden inzwischen per Mausklick gebucht. Die Pauschalreise-Richtlinie der EU war in diesem Fall nicht gültig. Das wird nun anders. Ein Beispiel: Der Kunde bucht im Netz erst einen Flug, dann wird er gefragt, ob er auch ein Hotel braucht, und zum Schluss geht es auch noch um einen Mietwagen. In diesen Fällen war man bisher nicht vor Schwierigkeiten geschützt, wenn ein Anbieter insolvent wurde. Rutschte beispielsweise die Fluggesellschaft in die Pleite, musste man seinen Ansprüchen für die Flüge hinterherlaufen. Nun gibt es einen Rechtsanspruch, auch im Fall eines Konkurses nach der Reise-Buchung aufgefangen zu werden.

Was ändert sich für Pauschalreisende?

Wer bei einem der großen Veranstalter die typische Pauschalreise (zwei Wochen Balearen, Flug, Hotel, Transfer, Ausflug ins Landesinnere) gebucht hatte, konnte bisher unter Umständen eine unangenehme Überraschung erleben. Denn im Kleingedruckten hielten viele Unternehmen fest, dass anfallende Preiserhöhungen an den Kunden weitergegeben werden konnten. Preissenkungen, zum Beispiel wenn die Kosten für Flugkerosin nachgeben, aber nicht. Hier greift der europäische Gesetzgeber nun ein: Wer sich künftig das Recht vorbehalten möchte, Preiserhöhungen an den Kunden weiterzugeben, wird verpflichtet, dies auch bei Preissenkungen zu tun. Das ist übrigens eine Neuerung nicht nur des europäischen, sondern auch des deutschen Rechtes.

Müssen deutsche Urlauber fürchten, dass das hohe Niveau der bisherigen Pauschalreisen-Gesetzgebung durch die aktualisierte EU-Richtlinie verwässert wird?

Nein, ganz im Gegenteil. Es bleibt bei wichtigen Rechten für Kunden. Dazu zählt zum Beispiel die Möglichkeit, von einer Reise, die jemandem bei einer "Kaffeefahrt" aufgeschwatzt wurde, bis zu zwei Wochen nach Abschluss des Vertrages zurückzutreten. Diese Bestimmung haben die deutschen Unterhändler erst in die EU-Richtlinie hineinverhandelt.

Schützen die EU-Vorschriften auch, wenn die angebotene Leistung nicht mit dem, was man gebucht hat, übereinstimmt?

Das ist in der Tat möglich. Wenn man unterwegs statt im gebuchten Vier-Sterne-Hotel in einem Zwei-Sterne-Haus untergebracht wird, kann der Reisende nachträglich eine Reduzierung und Erstattung verlangen. Außerdem werden die Reiseanbieter verpflichtet, schwerwiegende Mängel im Zimmer, zum Beispiel Insektenbefall, unverzüglich zu beheben. Tun sie das nicht, bekommt der Kunde das Recht, die Probleme beseitigen zu lassen und dies dem Unternehmen in Rechnung zu stellen.

Gibt es auch einen Haken bei der neuen Richtlinie?

Leider ja. Deutschland hat sich in einem wichtigen Punkt bei den Partnern nicht durchsetzen können. Die hiesigen Bestimmungen sehen nämlich ein Rücktrittsrecht vor, wenn sich der Preis einer Pauschalreise zwischen Buchung und Abflug um fünf Prozent oder mehr erhöht. Im jetzt verabschiedeten Richtlinien-Entwurf wurde dieser Wert auf acht Prozent angehoben. Das wäre ein Nachteil, wenn es bei diesem Text bleibt.

Wann treten die neuen Regelungen in Kraft?

Die Richtlinie muss nun noch durch das Europäische Parlament gebracht werden. Danach haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, sie in nationales Recht zu übertragen. Somit treten die Änderungen wohl erst zur Urlaubs-Saison 2016 in Kraft.

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