EU verteuert Luftverschmutzung

Straßburg/Saarbrücken · Der Handel mit CO{-2}-Rechten soll nach dem Willen des EU-Parlaments reformiert werden. Die Abgeordneten stimmten für eine zeitweise Verknappung der Zertifikate für den Ausstoß des Treibhausgases.

Eine der wichtigsten Säulen der europäischen Klimaschutz-Politik wird umgebaut. Im zweiten Anlauf stimmten die Abgeordneten des EU-Parlaments einer Reform des Emissionshandels zu. Damit können in den kommenden Jahren rund 900 Millionen Luftverschmutzungs-Zertifikate aus dem Handel genommen werden. Die Verknappung von Rechten, Kohlendioxid (CO{-2}) in die Luft zu blasen, soll deren Preise hochtreiben. So will die EU die Unternehmen zwingen, mehr in klimaschonende Produktionsverfahren zu investieren.

Dieser Druck war in den vergangenen Jahren ausgeblieben: Statt - wie ursprünglich berechnet - 30 Euro kostete der Ausstoß von einer Tonne Kohlendioxid jüngst nur noch gut drei Euro. Das soll nun anders werden. Nachdem die Korrektur des Emissionshandels noch im April im Parlament scheiterte, besserten die Umweltpolitiker den Kompromiss nach. So wird nun festgeschrieben, dass dieser Eingriff in den Markt einmalig sein soll. Schon in den kommenden Jahren nach dem Einkassieren der Zertifikate sollen sie schrittweise wieder ausgegeben werden. "Im zweiten Anlauf hat das EU-Parlament die Kuh vom Eis geholt", begrüßte die Umweltorganisation BUND den Beschluss. Auch die saarländischen Kraftwerksbetreiber können mit dem Kompromiss leben. "Über die Zeitachse wirkt sich das für uns neutral aus", sagt Hanno Dornseifer, Vorstand des Energieunternehmens VSE. Für eine sichere und bezahlbare Stromversorgung sei es eher wichtig, "das gesamte Spektrum der Instrumente auf den Prüfstand zu stellen".

Doch noch ist unklar, ob die Maßnahme tatsächlich Bestand hat und die erhoffte Wirkung erzielt. Der Vorsitzende der CDU-Abgeordneten im EU-Parlament und Chef des Industrieausschusses, Herbert Reul, sprach von einer "Wendehals-Entscheidung", mit der Europa sich "lächerlich" mache. Der Eingriff werde die Zertifikate-Preise vielleicht "von drei auf vier Euro steigen lassen". Um aber wirklich etwas zu bewegen, seien Preise von 40 Euro nötig. Tatsächlich bezweifeln viele Experten die Wirkung des jetzigen Schrittes. Denn angesichts von rund zwei Milliarden Papieren, die man zu viel ausgegeben habe, und weiteren 3,5 Milliarden Bons, die zwischen 2013 und 2015 ohnehin planmäßig verteilt werden, könne sich das kurzfristige Einkassieren von nur 900 Millionen auf den Preis kaum auswirken.

Noch ist aber gar nicht klar, ob die Reform umgesetzt werden kann. Nach den Abgeordneten müssen die Umweltminister der 28 Mitgliedstaaten zustimmen. Während Polen, Griechenland und Zypern eine Ablehnung angekündigt haben, wollen die nordeuropäischen EU-Staaten sowie Italien, Litauen, Lettland und Rumänien dafür stimmen. Die Bundesregierung ist zerstritten. Umweltminister Peter Altmaier (CDU), Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Bauminister Peter Ramsauer (CSU) unterstützten die Linie des Kompromisses. Dagegen blockiert Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mit einem klaren Nein eine Entscheidung.

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