EU stellt Google an den Pranger

Brüssel. Google bekommt richtig Ärger: Die Brüsseler EU-Kommission hat ein Ermittlungsverfahren gegen den Internetkonzern eingeleitet. Bisher geht es nur um einen Verdacht. Der US-Konzern soll vorsätzlich Suchergebnisse manipuliert und so sortiert haben, dass eigene Dienste als Top-Treffer angezeigt wurden

Brüssel. Google bekommt richtig Ärger: Die Brüsseler EU-Kommission hat ein Ermittlungsverfahren gegen den Internetkonzern eingeleitet. Bisher geht es nur um einen Verdacht. Der US-Konzern soll vorsätzlich Suchergebnisse manipuliert und so sortiert haben, dass eigene Dienste als Top-Treffer angezeigt wurden. Zudem seien Seiten von Anzeigenkunden deutlich weiter oben gelistet worden, auch wenn sie den Suchbegriffen des Nutzers gar nicht entsprachen. Der Konzern sagte der Kommission "enge Zusammenarbeit" zu.Die Klage war von mehreren Konkurrenten wie den Betreibern der Rechtssuchmaschine Ejustice.fr sowie den beiden Preisvergleichsportalen Foundem und Ciao (Microsoft) angestrengt worden. Auch der Online-Kartendienst Map Quest hat sich angeschlossen, nachdem er feststellen musste, dass seine Seitenaufrufe zurückgingen, weil bei entsprechenden Anfragen der Internet-Nutzer stets Ergebnisse von Googles Konkurrenzangebot Maps an vorderster Stelle standen.

Wirklich pikant ist das nun begonnene Verfahren vor allem deshalb, weil der Suchmaschinen-Gigant gegenüber der Kommission das intimste Geheimnis seines Erfolges offenlegen muss: die Grundlagen der Suchformel. Zwar hieß es gestern noch, Google scheue auch das nicht, da allein im Vorjahr über 500 Korrekturen vorgenommen worden seien. Der Fall Microsoft zeigt aber, dass Brüssel keine Hemmungen hat, mit horrenden Bußgelddrohungen bis ins Allerheiligste eines Konzerns einzudringen. Der amerikanische Software-Riese Microsoft musste schließlich seine Schnittstellen offenlegen, damit Wettbewerber passgenaue Zusatzangebote auf den Markt bringen konnten.

Die Wettbewerbshüter der EU gaben sich zwar gestern noch entspannt und betonten, es handele sich zunächst um Ermittlungen, deren Ende und Ergebnis offen seien. Tatsächlich aber liegen der Kommission zahlreiche Belege dafür vor, dass die Suchtreffer keineswegs unbeeinflusst angeboten werden. Experten belegen schon seit längerem, dass das Unternehmen systematisch eigene Angebote bevorzugt anzeigt, obwohl diese weder der genauen Anfrage der Nutzer entsprechen noch so populär sind, wie es die Auflistung an der Spitze vermuten lässt. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, müsste der Konzern wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung mit hohen Bußgeldern rechnen.

Dass Brüssel da nicht zimperlich ist, belegen die letzten großen Kraftproben mit Großkonzernen der IT-Branche. So wurde der Chip-Hersteller Intel mit 1,06 Milliarden Euro zur Kasse gebeten. Microsoft knickte nach Androhung einer Milliardenstrafe und einem jahrelangen Verfahren am Ende ein.

Meinung

Der Ruf steht

auf dem Spiel

Von SZ-KorrespondentDetlef Drewes

Die Google-Herren sollten über ihren Schatten springen und Steve Ballmer anrufen. Der Microsoft-Boss könnte ihnen erzählen, von welchem Kaliber die Wettbewerbshüter der EU sind und dass es unterm Strich billiger kommt, sich nicht auf einen jahrelangen Streit mit Brüssel einzulassen. Microsoft hat ihn verloren. Google könnte der nächste Verlierer sein. Zwar betont die Kommission derzeit, man ermittele lediglich; und ob es je ein Verfahren geben werde, sei noch völlig offen. Aber wer die Kartellwächter kennt, weiß, dass sie kein Verfahren einleiten, wenn sie nicht stichhaltige Beweise dafür haben, dass etwas faul ist.

Für Google geht es um viel. Das Vertrauen der Internet-Nutzer in die Unabhängigkeit der Suchmaschine ist das Betriebskapital des Konzerns. Wenn Google den Ruf, unabhängige Suchergebnisse zu liefern, verliert, wird der Schaden weitaus größer sein als eine Geldbuße aus Brüssel. Denn dann dürfte ein Ansturm auf die kleineren Anbieter anderer Suchportale beginnen, die nur auf einen solchen strategischen Fehler von Google gewartet haben.

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