EU-Kommissar drängt auf Einigung im Streit um Bankenabwicklung

Frankfurt/Brüssel · Europa will seine Banken krisensicherer machen. Noch gibt es aus einzelnen Staaten Widerstände gegen das Mammutprojekt Bankenunion. Beim EU-Finanzministertreffen nächste Woche in Luxemburg geht das Ringen weiter.

EU-Kommissar Michel Barnier drückt bei neuen europäischen Regeln zur Abwicklung angeschlagener Banken aufs Tempo. "Wir müssen jetzt agieren, wir müssen jetzt Lösungen finden", sagte der Franzose gestern in Frankfurt. "Die nächste Bankenkrise wird nicht auf uns warten." Eine Änderung der europäischen Verträge - wie von Deutschland gefordert - sei grundsätzlich sinnvoll, um die Bankenunion und den Abwicklungsmechanismus auf eine solidere Grundlage zu stellen. Europa könne aber nicht warten, bis die Verträge geändert seien.

Neben einer gemeinsamen Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) ringt Europa um ein einheitliches System zur Schließung von Banken in Schieflage. Erklärtes Ziel von Regeln für eine Bankenschließung ist, dass im Fall der Schieflage eines Kreditinstituts zunächst deren Aktionäre und Sparer herangezogen werden - und nicht mehr allein der Steuerzahler. Noch ist umstritten, wer bei der Abwicklung von Krisenbanken letztlich entscheiden soll: Barniers Gesetzentwurf sieht vor, dass die EU-Kommission das letzte Wort hat. Deutschland sieht dafür keine ausreichende Rechtsgrundlage und will Brüssel diese Zuständigkeit nicht zugestehen. Barnier bekräftigte derweil seinen Kompromissvorschlag, der Kommission die Aufgabe der Bankenabwicklung nur befristet zu übertragen. Später könnte dann der Euro-Rettungsfonds ESM in die Verantwortung genommen werden, sobald er zur EU-Institution geworden ist. Die Bundesregierung hatte auch dagegen Bedenken geäußert.

Das Thema steht nächste Woche auf dem Programm des EU-Finanzministertreffens in Luxemburg. "Klar ist: Die Bankenunion braucht beide Elemente: Aufsicht und Abwicklung. Je kürzer die Zeit zwischen dem Inkrafttreten der Aufsicht und der Abwicklung ist, umso besser", sagte Barnier. Die EZB-Bankenaufsicht soll im Herbst 2014 die Arbeit aufnehmen, der Abwicklungsmechanismus Anfang 2015.

Nach Angaben von EU-Diplomaten blockiert Großbritannien weiter die Schaffung einer gemeinsamen Aufsicht für Großbanken der Eurozone. Es sei immer noch fraglich, ob die Finanzminister die Rechtstexte billigen können, hieß es in Brüssel. Damit drohen bei dem - eigentlich ausverhandelten - Riesenvorhaben weitere Verzögerungen. Die EZB soll künftig die etwa 130 wichtigsten Geldhäuser der Eurozone direkt überwachen.

EZB-Präsident Mario Draghi rechnet indes fest mit dem Start der europäischen Bankenaufsicht im Herbst 2014. "Wir sind entschlossen, ab November 2014 unsere neuen Aufsichtsaufgaben zu übernehmen", sagte Draghi in Washington auf der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Beim dritten Pfeiler der Bankenunion, einer gemeinsamen Einlagensicherung, hofft EU-Kommissar Barnier auf Bewegung bis zum Jahresende. Vor allem Sparkassen und Volksbanken in Deutschland fürchten, dass ihre üppig gefüllten Krisentöpfe für Bankschieflagen in anderen europäischen Staaten genutzt werden sollen. Barnier versicherte, die Kommission werde die Besonderheiten der deutschen Institute berücksichtigen.

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