"Es soll einem nicht ständig was um die Ohren fliegen"

"Viel Ingwertee mit Honig", das helfe schon gegen Heiserkeit am Filmset. Regisseur Markus Welter muss es wissen, lässt er im Finale seines Film "One way trip" die Hauptdarstellerin Sabrina Reiter doch ausgiebig kreischen, was angesichts der Handlung mehr als nachvollziehbar ist

"Viel Ingwertee mit Honig", das helfe schon gegen Heiserkeit am Filmset. Regisseur Markus Welter muss es wissen, lässt er im Finale seines Film "One way trip" die Hauptdarstellerin Sabrina Reiter doch ausgiebig kreischen, was angesichts der Handlung mehr als nachvollziehbar ist. Eine Handvoll junger Leute macht sich urlaubend in die Schweizer Natur auf, doch in der Idylle geht, so scheint es, ein Mörder um, der die Gruppe dezimiert. Das klingt nach üblichem Stoff für die Videothek, doch "One way trip" hat seinen unleugbaren Reiz. Nicht zuletzt wegen seines bewusst altmodischen Ansatzes, der die Über-Ironie und die Hyper-Brutalität des aktuellen Gruselkinos ausspart, auch wenn der Film blutig ist (in der Schweiz frei ab 16, bei uns ab 18). "Ich komme aus einer Generation", sagt Welter, 43, "die mit Filmen wie 'Halloween' oder 'The Shining' aufgewachsen ist, die viel weniger gezeigt haben als die heutigen."Mag die Handlung auch wenig Neues bieten, spielt Welter, ein Bonner, der seit 16 Jahren in der Schweiz lebt, die Muster des Genres doch gekonnt durch - ob im ausgefeilten Sounddesign oder im flotten Schnitt. Man merkt, dass Welter vor seiner Regiekarriere Cutter von 15 Filmen war, darunter ein Münsteraner "Tatort". 2009 lief bei Ophüls sein Regiedebüt "Im Sog der Nacht", dessen Finanzierung fünf lange Jahre dauerte. Gerade schneidet er seine Verfilmung von Martin Suters Roman "Der Teufel von Mailand", die im September im ZDF laufen soll. Zuvor entstand "One way trip", aus der Idee heraus, "einen Film zu drehen, der Aufmerksamkeit erregt" - auch durch seine 3D-Technik. Den Anstoß zum Film - laut Welter der erste Horrorstreifen der Schweiz, der Filmförderung bekam - gaben die Dreharbeiten von James Cameron an "Avatar" in 3D. Eine Drehbuchförderung von 20 000 Euro floss in einen Test-Trailer, gleichzeitig trat "Avatar" seinen Siegeszug an. "Daraufhin bekamen wir eine Entwicklungsförderung - man wollte die Technologie nicht verpassen." Die hat den Dreh dann allerdings ziemlich erschwert: "In unserer 3D-Anlage ein Objektik zu wechseln, dauert zwischen 20 Minuten und einer Stunde - das hat alles sehr verzögert." Ein anderes Problem: Das Filmen mit 3D braucht weit mehr Licht als konventionalle Aufnahmen. Die Lösung: ein Kran mit großer Lichtanlage, "wie eine riesige Laterne". Dem Kran ist auch die letzte, schwindelerregende Einstellung des Films zu verdanken. Darstellerin Reiter wird mit Kamera 40 Meter in die Luft gezogen. "Ihre Angst ist nicht gespielt", sagt Welter, "sie hat sich da oben fast in die Hosen gemacht, verständlicherweise."

Auffällig ist der zurückhaltende Einsatz greller 3D-Effekte (sieht man von einer Szene mit einem Augapfel ab). Das lag weniger am nicht allzu üppigen Budget von 2,8 Millionen Euro, sondern an Welters Konzept. "Ich wollte ein modernes, sanftes 3D, es soll einem nicht ständig etwas um die Ohren fliegen." Welter ging es auch um eine extreme Tiefenschärfe und einen Raumeindruck. "Sobald man die Kamera bewegt, wird dieser Effekt noch größer." Deshalb hat er den ganzen Film mit einer Steadicam, einer tragbaren Kamera gedreht, 28 Kilo schwer. "Nach einer langen Einstellung haben unserem Kamera-Operator die Beine gezittert."

3D und die feste Verwurzelung im Genre machen "One way trip" die Vermarktung leichter als anderen Schweizer Filmen. Er erscheint im März bei uns auf DVD, gerade läuft er in Russlands Filmtheatern und hat europaweit 150 000 Kinokarten verkauft. Und in der Schweiz? "Da hatte er 24 000 Zuschauer", sagt Welter, "das sind keine Hollywood-Zahlen, aber ich bin zufrieden."

Freitag 22 Uhr, Cinestar 6.

Foto: HesseGreutert Film

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