Erstunken und erlogen

Saarbrücken. Mit "Nat Tate" ist dem britischen Romanautor William Boyd ein schöner Streich gelungen. Im Gewand eines schönen Coffetable-Buchs mit Fotos und Bildern kommt eine feine Künstlerbiographie daher

Saarbrücken. Mit "Nat Tate" ist dem britischen Romanautor William Boyd ein schöner Streich gelungen. Im Gewand eines schönen Coffetable-Buchs mit Fotos und Bildern kommt eine feine Künstlerbiographie daher. Geschildert wird der Lebenslauf des Künstlers Nat Tate: früher Tod der Mutter, Studium bei Hans Hoffmann, erste Erfolge als abstrakter Expressionist in den 50ern, Kontakte mit Picasso und Braque, Freitod mit 31. Um das Buch am 1. April 1998 der interessierten New Yorker Kunstwelt vorzustellen, hatte Boyd keinen geringeren als David Bowie neben sich. Eigentlich wusste niemand im Publikum bis dahin etwas Genaues über Nat Tate, aber gehört hatte eigentlich jeder schon von ihm, manche ihn gar persönlich gekannt. . . Ein riesen Coup für den Autor, der sich mit einer fiktiven Künstlerbiografie einen Jux über die New Yorker Kunstszene erlaubt hatte: Der Name Nat Tate wurde einfach aus den Londoner Sammlungen National Galley und Tate Gallery herausgeklaubt, die Bilder von Nat Tate malte Boyd selbst, die Fotos von Nat Tate sind Amateurfotografien seiner Sammlung entnommen und auch der Rest des Gedruckten ist auf gewitzte Weise erstunken und erlogen. Erdachte Biographien sind eine der großen Stärken von Boyd, das weiß man seit seinem bewegenden Roman "Eines Menschen Herz". Ein meisterhaftes Stück Fälschungsliteratur. arg

William Boyd: Nat Tate. Ein amerikanischer Künstler (1928-1960), Berlin Verlag, 96 S., 24 €

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