Energiewende kommt nicht voran

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) muss die Energiewende nach Meinung von Wirtschaft und Opposition stärker zur Chefsache machen, um die großen Probleme beim Netz- und Kraftwerksbau zu lösen. "Es hapert an allen Ecken und Enden, diese Energiewende ist ein Desaster", sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier dem "Hamburger Abendblatt"

Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) muss die Energiewende nach Meinung von Wirtschaft und Opposition stärker zur Chefsache machen, um die großen Probleme beim Netz- und Kraftwerksbau zu lösen. "Es hapert an allen Ecken und Enden, diese Energiewende ist ein Desaster", sagte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier dem "Hamburger Abendblatt". "Das Ausstiegskonzept wurde mit heißer Nadel gestrickt, der Netzausbau kommt nicht in Gang und die Integration der erneuerbaren Energien misslingt."Merkel (CDU) will heute mit führenden Branchenvertretern über Probleme bei der Umsetzung der Energiewende sprechen. An dem Treffen im Kanzleramt sollen unter anderem Spitzenvertreter von RWE, Eon, Siemens und des Stadtwerkeverbunds Thüga teilnehmen. Es soll vor allem darum gehen, welche konventionellen Kraftwerke die Stilllegung von neun Atomkraftwerken bis 2022 auffangen können.

Bisher gibt es zum Beispiel kaum Pläne für neue Gaskraftwerke. Da es einen Einspeisevorrang für Wind- und Solarstrom gibt, ist unklar, ob sich eine Milliardeninvestition in ein Gaskraftwerk überhaupt rechnet. Denn bisher ist unabsehbar, wie viele Stunden solch ein Kraftwerk pro Jahr Strom produzieren könnte.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sorgt sich daher zunehmend. Der Atomausstieg und die Stilllegung konventioneller Kraftwerke könnten die Versorgungssicherheit in "relevantem Umfang gefährden", warnte er in einem Brief an Merkel, aus dem der "Mannheimer Morgen" zitierte. "Ich bin der festen Überzeugung, dass der Strommarkt in seiner derzeitigen Ausgestaltung nicht geeignet ist, die Herausforderungen der Energiewende zu meistern." Kretschmann forderte die Kanzlerin zudem auf, auch über finanzielle Anreize zum Bau neuer Kraftwerke zu diskutieren.

Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) forderte eine bessere Steuerung der Stromproduktion. DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann kritisierte eine Verschwendung von Ressourcen und Geldern durch ungesteuertes Wachstum im Bereich der Ökoenergien. 2011 sei der Anteil der Wind- und Solarenergie um 20 Prozent gestiegen, ohne jede regionale Koordination, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Das ist unwirtschaftlich und ärgerlich."

Die Kanzlerin selbst mahnte mehr Anstrengungen im Bereich der Offshore-Windenergie an. Das wirtschaftliche Risiko solcher Anlagen müsse beherrschbar werden. Auch sei die Anbindung ans Festland eine Herausforderung, sagte Merkel dem "Hamburger Abendblatt". Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sprach sich für effizientere Planungsverfahren aus, um die Energiewende zu beschleunigen.

SPD-Parteichef Sigmar Gabriel warf der Bundesregierung in der "Welt" Versagen bei der Energiewende vor. "Weder beim Netzausbau, noch bei der Förderung der Erneuerbaren, weder bei der Energieeffizienz noch bei der Gebäudesanierung ist die Bundesregierung im vergangenen Jahr auch nur einen Schritt weitergekommen." dpa

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