Ende der Tristesse

Dieses Jahr wird ein anstrengendes Jahr. Für die Politik, für die Bürger, für den demokratischen Zusammenhalt und die politische Kultur im Land. 2017 wird aber auch ein gutes Jahr. Denn endlich ist wieder Wahlkampf . Endlich findet die Polarisierung statt, die bislang durch die große Koalition weitgehend verhindert wurde und lediglich vom rechten Lager aus erfolgte. In den nächsten Monaten müssen die Parteien ihre politischen Vorhaben auf den Tisch legen. Und jenseits der Union und der Linken, die das schon getan haben, müssen sie das Personal präsentieren, mit dem sie das Land nach vorn bringen wollen. Die großkoalitionäre Tristesse wird ein Ende haben.

So viele Menschen wie wohl noch nie haben die Chance, dass ihr Votum bei der Bundestagswahl im Herbst auch parlamentarische Berücksichtigung findet. Nach jetzigem Stand werden voraussichtlich sieben Parteien in den nächsten Bundestag einziehen. Die Interessen vieler Menschen werden damit deutlich breiter abgebildet. Auch wenn mancher auf die eine oder andere Gruppierung gern verzichten könnte, ist dies ein Ausweis dafür, dass die Demokratie in Deutschland lebendig ist und funktioniert. Die Bürger sind längst nicht so unpolitisch, wie allenthalben behauptet wird. Schon gar nicht sind sie blind für die vielen Probleme, die sich im Land angesammelt haben. Zum Beispiel durch die Flüchtlingskrise oder die wachsende soziale Spaltung.

Für die Parteien muss 2017 deshalb das Jahr der möglichst überzeugenden Antworten werden. Das gilt insbesondere für die AfD, die bisher lediglich mit Schlagworten provoziert hat, aber in fast allen Politikbereichen mit Lösungen geizt. Ob sich das ändert, ist fraglich angesichts der Härte der internen Machtkämpfe um die inhaltliche Ausrichtung und die Ansprüche auf mögliche Bundestagsmandate . Da ist die Alternative wahrlich nicht anders als andere Parteien, mitunter sogar schlimmer.

Für Angela Merkel wird es der schwerste Wahlkampf , den sie in den vergangenen zwölf Jahren führen musste. Die Kanzlerin ist einerseits immer noch deutlich beliebter als jeder mögliche SPD-Herausforderer. Andererseits schlug ihr persönlich noch nie so viel Ablehnung entgegen wie jetzt. Merkels Flüchtlingspolitik hat nicht nur das Gute in den Deutschen hervorgebracht, sondern auch Verunsicherung und Ängste erzeugt, bei einigen sogar jede Menge Hass. Merkel wird sich nach den Verwerfungen des Jahres 2016 als letzte Ikone der Stabilität inszenieren. Ohne mehr Eifer und mehr politischen Mut wird sie die Wahl aber nicht gewinnen. Die SPD hingegen muss sich entscheiden, ob sie bereit ist, couragiert das links-grüne Lager zu hofieren. Das wäre nur konsequent, wenn man nicht wieder in einer großen Koalition landen möchte. Und die will doch keiner mehr.

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