Elektro-Smart soll Aushängeschild werden

Hambach. Wie von Geisterhand bewegt, schwebt das Chassis über die Besucher des Smart-Werks im lothringischen Hambach hinweg. Direkt zur Batteriestation. Das Transportband ist unbestechlich; das Tempo bleibt stets gleich. Auf der elektronischen Kontrolltafel herrschen ebenfalls Fakten: 446 Fahrzeuge sollen heute das Werk verlassen, davon 50 Elektroautos. Kurz vor der Mittagspause um 11

Hambach. Wie von Geisterhand bewegt, schwebt das Chassis über die Besucher des Smart-Werks im lothringischen Hambach hinweg. Direkt zur Batteriestation. Das Transportband ist unbestechlich; das Tempo bleibt stets gleich. Auf der elektronischen Kontrolltafel herrschen ebenfalls Fakten: 446 Fahrzeuge sollen heute das Werk verlassen, davon 50 Elektroautos. Kurz vor der Mittagspause um 11.30 Uhr liegt die Schicht mit 182 Fahrzeugen exakt im Plan. Joachim Betker, Chef des Werks, hat schweißtreibende Zeiten hinter sich.Seit Juni dieses Jahres läuft der Probelauf für den Elektro-Smart. Täglich werden es mehr, dank einer ausgeklügelten Logistik, die zahlreiche Umstellungen erforderlich machte. So laufen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren und Elektroautos mittlerweile in einer Produktionslinie. Dreieinhalb Stunden dauert die Herstellung eines Smart in der Endmontage. Der Einbau der Batterie erfordert allerdings wegen der Masse und Komplexität des Einbaus noch eine Extra-Produktionslinie mit der dreifachen Taktzeit gegenüber anderen Stationen.

"Fitness-Studio" für Autos

1475 Leute finden in "Smartville", wie das Werk genannt wird, Arbeit: von Handwerkern bis zu Ingenieuren. Zur Belegschaft gehören 30 Deutsche, die fließend französisch sprechen. 37 Mitarbeiter sind in jüngster Vergangenheit hinzugekommen, die sich auf den Elektro-Smart spezialisiert haben. Davon arbeiten 20 direkt bei Smart, 17 weitere bei Systempartnern. Denn die Geschichte jedes Elektro-Smart beginnt bei Thyssen-Krupp und Evonik. Aus einem neuen Werk bei Dresden, das durch ein Joint Venture zu je 50 Prozent von Daimler und Evonik getragen wird, kommen die Batterien. Und direkt auf dem 68 Hektar umfassenden Gelände von "Smartville" in Hambach stellt Thyssen-Krupp France das Antriebsmodul für jedes Fahrzeug her. In 21 Arbeitsstationen, erläutert Thyssen-Krupp-Manager Dirk Förster. Alle Stationen mussten an den neuen Produktionsablauf, der zusätzlich Elektro-Smarts beinhaltet, angepasst werden. Über eine überdachte Brücke gelangt jeder fertige Motor durch eine automatische Fördertechnik in der bestellten Reihenfolge aus dem Thyssen-Krupp-Gebäude sekundengenau zur Endmontage an die Fertigungslinien im Smart-Werk.

Der Karosseriehersteller Magna International produziert das Chassis aus Teilen, die von Daimler angeliefert werden, Conti liefert die Reifen. Hinzu kommen weitere Zulieferer. Die meisten von ihnen sind direkt in das Werk integriert. Am Ende der Produktion bekommt jedes neue Auto im "Fitness-Studio", das wirklich so heißt, in Linie 5 noch einmal den letzten Schliff verpasst. Hier erfolgt eine umfangreiche Endkontrolle.

Annette Winkler, Chefin von Smart-Deutschland, verfolgt ehrgeizige Pläne, zumal seit dem Start von "Smart-Ville" 1998 schon 1,4 Millionen Fahrzeuge vom Band gerollt sind. 2012 werden 102 000 Fahrzeuge fertiggestellt, für 2013 plant Winkler mit der gleichen Größenordnung. 200 Millionen Euro fließen in die weitere Modernisierung des Werks, ein Großteil davon in die Vorbereitung der neuen technischen Plattform gemeinsam mit Renault, die 2014 startet. Ab dann sollen alle Smart und viele Renault ihre technische Basis aus "Smartville" bekommen. Beide Marken würden aber selbstständig bleiben, betont Winkler. 2014 soll sich der Elektro-Smart nach der Anlaufphase in fünfstelligen Verkaufszahlen behaupten. 1000 sind schon produziert. Als Hauptabsatzmärkte sieht Winkler Europa, die USA, China und Japan an. 30 Märkte sollen es werden. Zur Erhöhung der Attraktivität baut Smart Mietkonzepte mit Kooperationspartnern in Städten aus. Auch günstige Tarife in Parkhäusern sind geplant. Zudem soll 2014 ein neuer Viertürer auf den Markt kommen.Foto: Oliver Dietze

Meinung

Infrastruktur muss stimmen

Von SZ-RedakteurThomas Sponticcia

Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat sich der Smart zu einem Auto entwickelt, das Kunden in allen Generationen hat und sich besonders als Fahrzeug für Innenstädte sowie Ballungszentren eignet. Was immer noch fehlt, ist die Infrastruktur für Elektroautos: ob von Smart oder anderen Herstellern. Das Netz an Ladestationen ist viel zu unüberschaubar. Gerade in kleineren Regionen wie dem Saarland dürfte es eigentlich kein Problem sein, ein dichtes Netz in relativ kurzer Zeit einzurichten, wenn man Elektromobilität will. Solche Stationen müssen auch an Hotels, Veranstaltungshallen, Ämtern und Häusern zur Selbstverständlichkeit werden. Eine Steckdose reicht. Stromanbieter könnten attraktive Tarife für die Nutzung von Elektroautos anbieten.

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