Eine richtig langweilige Hauptversammlung?

Hannover/Wolfsburg · Wie wird die Stimmung sein bei der VW-Hauptversammlung, nach gut drei Wochen Machtkampf? Die Aktionäre dürften Antworten erwarten. Schnelle Entscheidungen wird es aber wohl nicht geben.

Zeitenwende, Ende einer Ära, historische Zäsur: Nach dem dreiwöchigen Machtkampf ist bei Volkswagen nichts mehr so, wie es vorher war. Richtig sichtbar wird dies heute zum ersten Mal bei der VW-Hauptversammlung - denn der "Alte" wird aller Voraussicht nach fehlen: Ferdinand Piëch , der Verlierer der Schlacht um die Führungsspitze, langjähriger Vorstands- und Aufsichtsratschef bei Europas größtem Autobauer, ein Patriarch a.D., eine Führungs- und Vaterfigur, die dem Konzern abhandengekommen ist.

Und so dürfte es ein ungewohntes Bild sein, das sich den VW-Aktionären bietet. Nicht Piëch, sondern ein Gewerkschafter leitet die Hauptversammlung auf dem Messegelände in Hannover: Berthold Huber . Seit dem Rücktritt des 78-jährigen Piëchs ist der 65-jährige frühere Chef der IG Metall kommissarischer Vorsitzender des VW-Aufsichtsrats.

"Vom Programm her wird es eine richtig langweilige Hauptversammlung", sagt ein Konzerninsider. Es sei wohl davon auszugehen, dass Huber in seiner Rede eingangs zur Führungskrise kurz Stellung nimmt und dann bekräftigt, was bereits vor Tagen als offizielle Linie ausgegeben worden war: Das Gremium will sich Zeit lassen mit der Nachfolgefrage.

Doch der Machtkampf hat die VW-Welt durcheinandergewirbelt, viele Fragen sind offen: Wie bekommt Konzernchef Martin Winterkorn die massiven Probleme im US-Geschäft in den Griff und bei der gewinnschwachen Kernmarke VW rund um die Modelle Golf und Passat? Wie ist der Autobauer auf die digitale Vernetzung des Autos und die alternativen Antriebe vorbereitet?

Die VW-Aktionäre dürften Antworten erwarten auf diese Fragen. Und vor allem auf die Kernfrage: Warum kam es zum Machtkampf? Wird die Hauptversammlung gar zum Scherbengericht? Ulrich Hocker, Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), sagte gestern: "Ich rechne im Rahmen der Hauptversammlung zwar mit vielen Fragen und Meinungsäußerungen der Aktionäre zur ,Causa-Piëch', aber mit wenig Neuigkeiten seitens des Unternehmens. Auch wenn es durchaus sein kann, dass einzelne Aufsichtsratsmitglieder mehr wissen. Doch die werden sich aller Voraussicht nach auf das Aufsichtsratsgeheimnis berufen und schweigen." Das dürfte laut Hocker auch für Wolfgang Porsche gelten, der vermutlich zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt werden dürfte.

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