Eine Billion Euro für ein neues Stromnetz

Brüssel. Die Verbraucher müssen sich in den kommenden Jahren auf drastisch steigende Strompreise einstellen. Denn im Energiesektor stehen gewaltige Ausgaben an, die über den Strompreis refinanziert werden. Bis zu eine Billion Euro müssen die europäischen Versorger in neue Leitungen und eine moderne Infrastruktur investieren, um sichere Energie liefern zu können

Brüssel. Die Verbraucher müssen sich in den kommenden Jahren auf drastisch steigende Strompreise einstellen. Denn im Energiesektor stehen gewaltige Ausgaben an, die über den Strompreis refinanziert werden. Bis zu eine Billion Euro müssen die europäischen Versorger in neue Leitungen und eine moderne Infrastruktur investieren, um sichere Energie liefern zu können. "Das ist eine der größten Bewährungsproben für uns alle", sagte der zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger gestern bei der Vorstellung seines Paketes für einen Energiebinnenmarkt. Dabei sind weitere Innovationen noch gar nicht eingerechnet. Hauseigentümer sollen beispielsweise zu energiesparender Bauweise oder Umrüstung angehalten werden. Der öffentliche Sektor wird ermahnt, bei seinen Gebäuden als Vorbild voranzugehen. Dass sich dadurch die Mieten im öffentlich finanzierten Wohnungsbau erhöhen, ist absehbar. Damit nicht genug. Oettinger will den Mitgliedstaaten kürzere Genehmigungszeiten aufzwingen, damit "wesentliche strategische Projekte deutlich schneller" umgesetzt werden können. Monate- oder gar jahrelange Verzögerungen durch Einsprüche gegen die Errichtung von Wind- oder anderen Kraftanlagen sollen nach dem Willen der Kommission nicht mehr möglich sein. Ob Oettinger dabei auch an die raschere und möglichst widerstandsfreie Errichtung von Endlagern für atomaren Restmüll denkt, wollte der Kommissar gestern nicht sagen. Er habe seinem Vorschlag aus der Vorwoche nichts hinzuzufügen, sagte er. In spätestens vier Jahren sollen die 27 Regierungen konkrete Vorschläge für Endlager in Brüssel eingereicht haben. Beim Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) stieß der Kommissar auf Unterstützung. Brüssel habe "grundlegende Weichenstellungen für die Energiewirtschaft der kommenden Jahre" präsentiert. Damit habe man nun "Anhaltspunkte", um die Zukunft zu planen. Ob der Verband da wirklich für alle seine Mitglieder spricht, darf bezweifelt werden. Erst am Dienstagabend hatten nämlich elf deutsche Stadtwerke bei der Kommission eine Kartellklage gegen die Bundesregierung eingereicht. Sie befürchten "eine Verzerrung des Wettbewerbs", heißt es in dem Schreiben, wenn Atomkraftwerke länger am Netz bleiben. Zwischen 100 und 200 weitere Stadtwerke wollen sich der Klage wohl noch anschließen. Sie wehren sich dagegen, dass ihre Investitionen in dezentrale und alternative Kraftwerksanlagen nicht mehr erwirtschaftet werden können, wenn Atommeiler und neue Braunkohle-Öfen billigeren Strom produzieren. Die Kommission will sich zu den Chancen einer solchen Klage nicht äußern. dr

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