Ein Tenor für alle Fälle

Saarbrücken · An diesem Sonntag singt er seine offiziell letzte Vorstellung am Saarländischen Staatstheater: Als Monostatos in der „Zauberflöte“ verabschiedet sich Rupprecht Braun von der Bühne, der er über 30 Jahre treu war.

 Mit einem Augenzwinkern schaut Rupprecht Braun auf über 30 Jahre am Saarbrücker Theater zurück. Am Sonntag tritt er nochmal in der „Zauberflöte“auf. Foto: Iris Maurer

Mit einem Augenzwinkern schaut Rupprecht Braun auf über 30 Jahre am Saarbrücker Theater zurück. Am Sonntag tritt er nochmal in der „Zauberflöte“auf. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer
 Eine Glanzrolle auch für ihn: Rupprecht Braun als „Hexe“ im Jahr 2009 in „Hänsel und Gretel“. Foto: Björn Hickmann

Eine Glanzrolle auch für ihn: Rupprecht Braun als „Hexe“ im Jahr 2009 in „Hänsel und Gretel“. Foto: Björn Hickmann

Foto: Björn Hickmann
 Hand aufs Herz, gnä' Frau: „Ruppi“ mit Sopranistin Barbara Gilbert bei einer Operettengala 2004. Foto: Klaus Baqué

Hand aufs Herz, gnä' Frau: „Ruppi“ mit Sopranistin Barbara Gilbert bei einer Operettengala 2004. Foto: Klaus Baqué

Foto: Klaus Baqué

Ist er nicht? Wirklich nicht? Nein, er ist kein Wiener. Dabei hat er Schmäh im Überfluss. Und auch einen feinen Titel, "Kammersänger". Tatsächlich aber ist Rupprecht Braun ein echtes Münchner Kindl. Beinahe jeder aber traute ihm den Österreicher zu. So galant weiß er Eleganz und Witz zu verbinden. Anspruch und Leichtigkeit sind ihm eins. Und charmant selbstironisch tritt er überdies auf. Ja, "Ruppi", wie er im Theater heißt, bringt so alles mit für die heute oft geschmähte Spielart der Operette . Als er vor gut 34 Jahren am Saarbrücker Theater anfang, da hieß der Intendant noch Martin Peleikis, und da war da noch reichlich Bedarf fürs anspruchsvoll Heitere. Und Braun sang Operette ebenso mit vollem Herzen wie die Oper und das Musical. Bei Letzterem stand er in Saarbrücken sogar mal mit einem heutigen Superstar auf den Brettern, 1995 mit Jonas Kaufmann in "Cyrano". Doch mal ehrlich, hätte er damals auf einen solchen Höhenflug gewettet? "Nein, seine Stimme war da eher dünn. Umso mehr bewundere ich den Weg, den er gemacht hat", meint Braun - ohne jeden Futterneid am Erfolg des Kollegen. Keine Selbstverständlichkeit unter Sängern.

Nicht der einzige Weltstar übrigens, der Brauns Weg kreuzte. Luciano Pavarotti etwa servierte er bei einer "Bohème"-Vorstellung in München mitten auf der Bühne Pasta. Auch beim Singen hatte der Italiener stets Appetit. Und Braun, seinerzeit Statist, servierte der hungernden Goldkehle umgehend das Gewünschte. In München munitionierte sich "Ruppi" aber nicht bloß für seinen heute unerschöpflichen Anekdotenfundus, in seiner Heimatstadt "verfiel" er auch dem Theater. Dabei hätte der passionierte Sportler aus einem Arzt-Haus doch Jurist werden sollen. "Zwei Semester lang quälte ich mich damit", dann war der Zauber der Bühne zu mächtig. Braun studierte in München Gesang - und aus der Statistenleidenschaft wurde sein Beruf.

Über St. Gallen führte der Weg nach Saarbrücken . Das Land hier damals: ein Schock. "Da rauchten noch alle Schlote, alles war grau." Deshalb wollte er auch bloß zwei Jahre bleiben. Da ihm die Bühne aber immer wieder interessante Aufgaben bot, wurde sie ihm und seiner Frau, der Opernchor-Sängerin Brigitte Kölschbach, zur Heimat - das mittlerweile ergrünte Saarland übrigens auch.

Am Staatstheater war Braun rasch der Tenor für fast alle Fälle, von Wagner über den Monostatos in der "Zauberflöte" - "ich mag die Fiesen" - mit dem er sich nun verabschiedet, bis hin zur "Hexe" in "Hänsel und Gretel". Ein "Riesenspaß", meint Braun. Vielleicht gründet seine Popularität in Saarbrücken ja auch darauf, dass Braun stets über eine gesunde Selbsteinschätzung verfügte, auch kleinen Partien Großes abgewinnen konnte. Für das Publikum jedenfalls ein Anker in über drei Jahrzehnten.

Seine Bilanz hier kennt aber auch die Moll-Töne. "Der Druck ist größer geworden", und gerade im Musiktheater habe man es mittlerweile auch mit vielen Regie-Leichtgewichten zu tun. "Denen ist es wichtiger, eine Kloschüssel auf die Bühne zu stellen als sich um die Musik zu kümmern." Selbst Dirigenten kämpften nicht mehr unbedingt um die Partitur. "Kamioka mit seinem Gefühl für die Musik war mir da der liebste der Chefs hier", sagt Braun entschieden. Mittlerweile hat er schon den neunten GMD erlebt. Auch Intendanten hat er kommen und gehen sehen. Und zollt etwa Kurt Josef Schildknecht hohen Respekt. "Ein Patriarch ohne Frage, aber er kannte sein Theater bis in den letzten Winkel." So einen unverwechselbaren Kurs vermisst Braun heute. Darum geht er nun ohne allzu viel Wehmut. "Falls man mir noch etwas anbietet, mache ich das gern", sagt er, "aber ich werde nicht jeden Tag ums Theater schleichen." Rupprecht Braun schätzt auch das Leben neben der Bühne, das ohnehin oft zu kurz kam. Das Saarbrücker Publikum aber wird ihn auf jeden Fall vermissen.

"Die Zauberflöte": Sonntag, 18 Uhr, im Großen Haus.

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