Ein Sturm im Wasserglas der Bedenkenträger

Ach herrje, was war das wieder für eine Aufregung der Bedenkenträger: Da wagt sich jemand im Fernsehen an die hehre Politik, der sonst für das Bunte bekannt ist - Stefan Raab

Ach herrje, was war das wieder für eine Aufregung der Bedenkenträger: Da wagt sich jemand im Fernsehen an die hehre Politik, der sonst für das Bunte bekannt ist - Stefan Raab. Auf einem Sender, der mit Politik nichts am Hut hat: "Pro Sieben", dem "Spiegel Online" in der Kritik zu Raabs Sendung "Absolute Mehrheit" mit ungebremster Arroganz attestiert, der Sender verlöre bei mehr Bildungsausgaben sein Publikum, weil es durch diese "schlauer" würde. "Absoluten Unfug" nannte Bundespräsident Norbert Lammert vorab Raabs Konzept, laut dem Zuschauer ganz basisdemokratisch ihren Polit-Liebling bestimmen können. Der erhält dann bei genug Stimmen Geld zum Umsetzen seiner Idee. Ob das funktioniert, kann man als Geldgeber nicht so schnell nachprüfen. Bildet das den Polit-Betrieb nicht treffend ab? Und hätten die Medien dieselbe Idee nicht als ironisch-satirisch bejubelt, wenn etwa die Moderatoren Klaas und Joko sie im hippen Spartenkanal ZDFneo realisiert hätten? Oder ein atraktives deutsch-französisches Moderatorenpaar auf Arte?Hier wurde auch wieder einmal die alte bildungsbürgerliche Polemik "gutes Öffentlich-Rechtliches Fernsehen" contra "schlechtes Privatfernsehen" aufgewärmt. "Abwegig" hat ARD-Chefredakteur Thomas Baumann Raabs Konzept vorab genannt. Aber es ist nicht abwegiger als das Gesamtkonzept des ARD-Abendprogramms mit Polit-Talkshow-Einheitsbrei und der nahezu täglichen Dosis "Tatort", mal neu, mal wiederholt. Abwegig agierten auch viele Medien, die Raabs Polit-Show vorab jede Legitimierung absprachen, gleichzeitig aber die ersten zwei "Wetten, dass…"-Folgen mit Gottschalk-Nachfolger Markus Lanz in epischer Breite und Tiefe analysierten, als sei dies ein Stück Weltkulturerbe.

Dass Raabs Debüt nun eine ziemlich zappelige, zwiespältige Angelegenheit wurde, gibt der "Ich hab's ja gleich gesagt"-Fraktion kurzfristig Recht. Aber es macht die Polit-Berieselung der Konkurrenz nicht substantieller.

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