Ein Stiftungsvorstand ohne Dienst-Kreditkarte

Saarbrücken. 15 Abgeordnete, der Vizepräsident des Landesrechnungshofes (nebst einem seiner Direktoren) sowie der Chef der Staatskanzlei kamen gestern früh zusammen. Grund: der Fall Melcher, verhandelt als Tagungsordnungspunkt 1 im Haushaltsausschuss

Saarbrücken. 15 Abgeordnete, der Vizepräsident des Landesrechnungshofes (nebst einem seiner Direktoren) sowie der Chef der Staatskanzlei kamen gestern früh zusammen. Grund: der Fall Melcher, verhandelt als Tagungsordnungspunkt 1 im Haushaltsausschuss. In einem im Juli publik gewordenen 200-seitigen vorläufigen Bericht hatte der Rechnungshof dem seit Januar 2004 amtierenden Vorstand der Stiftung Saar-Kulturbesitz Verschwendung von Steuergeldern vorgeworfen. Unter anderem hatte das oberste Organ der Finanzkontrolle, seine auf Stiftungskosten abgerechneten Reisen sowie kostspielige Restaurantbesuche moniert.Gestern nun also sollten, auf Antrag der SPD, Minister Karl Rauber (in seiner Funktion als Kurator der von Melcher geführten Stiftung) und Rechnungshof-Vize Klaus Schmitt und Direktor Karl Albert in der Sache gehört werden. Eigentlich. Denn in der Sache ließen sich letztere nicht ein, so der Ausschussvorsitzende, Reinhold Jost (SPD, Foto: SZ). Freimütig teilte er danach mit, "der Rechnungshof" sehe sich - weil in der causa Melcher nicht alle Stellungnahmen vorlägen - zu Stillschweigen verpflichtet, habe aber gestern "dennoch mit den Hufen geschart". Was laut Jost heißen soll: Ihr Reserviertsein sei den Herren "sehr, sehr schwer gefallen". Immerhin erfuhr der Ausschuss von Kulturminister Rauber (Foto: Maurer), dass Melcher (Foto: bub) angehalten sei, seine Dienst-Kreditkarte, mit der er bis dato Spesenrechnungen beglich, bis auf weiteres nicht einzusetzen. Will der Kurator die in der Vergangenheit augenscheinlich sehr lockeren Kontrollzügel enger ziehen? Dafür spricht auch, dass er im Ausschuss kund tat, Melcher müsse nun alle Dienstreisen außerhalb der Großregion vorab anmelden. "Wir haben den Radius da etwas enger gezogen", so Rauber gestern Abend am Telefon. Dass er es ablehnt, anders als seinerzeit das Wirtschaftsministerium im Ausschussfall "Gärten ohne Grenzen", das Prüfungspapier dem Ausschuss offen zu legen, erklärt Rauber mit den Worten: "Wenn ich das einmal mache, muss ich es immer tun."

Für SPD-Mann Jost bot der Minister gestern "Hinhaltetaktik pur". Er spiele auf Zeit, während der Rechnungshof bereit sei, den Fall mit dem Parlament aufzuarbeiten. Dieser erwartet bis spätestens 30. September eine Stellungnahme der Regierung zu seinem den Parlamentariern vorenthaltenen Papier. Während Melcher bereits schriftlich zu den Vorwürfen Stellung genommen hat, will das Land die (angeblich in 14 Tagen vorliegenden) Ergebnisse einer beauftragten privaten Prüfungsgesellschaft abwarten, die die Vorwürfe der Rechnungsprüfer prüfen soll. Heinz Bierbaum ("Die Linke") sieht darin eine "Missachtung des Rechnungshofes". Raubers "sehr defensives Auftreten" deute daraufhin, dass es nicht nur einen Fall Melcher gebe, "sondern auch das Kuratorium angesprochen ist". Derweil bilanzierte der FDP-Fraktionsvorsitzende Horst Hinschberger die gestrige Sitzung so: "Kultusminister Karl Rauber sowie der Landesrechnungshof waren weder bereit noch in der Lage, Aufklärung zu leisten."

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