Ein russischer Pass als Steuerspar-Modell

Moskau. Ein Depardieu ist - auch jenseits der Schauspielkunst - immer gut für Aufsehen: Motorradunfall, Übergriffe im Straßenverkehr, Flaschenpinkeln im Flieger. Manchmal ist dabei Alkohol im Spiel. Ganz nüchtern kam dagegen gestern die Nachricht aus Moskau daher: Gérard Depardieu ist jetzt Russe

 Keine Widerrede: Gérard Depardieu (links) wurde von Kreml-Chef Wladimir Putin kurzerhand eingebürgert. ArchivFoto: dpa

Keine Widerrede: Gérard Depardieu (links) wurde von Kreml-Chef Wladimir Putin kurzerhand eingebürgert. ArchivFoto: dpa

Moskau. Ein Depardieu ist - auch jenseits der Schauspielkunst - immer gut für Aufsehen: Motorradunfall, Übergriffe im Straßenverkehr, Flaschenpinkeln im Flieger. Manchmal ist dabei Alkohol im Spiel. Ganz nüchtern kam dagegen gestern die Nachricht aus Moskau daher: Gérard Depardieu ist jetzt Russe. Kreml-Chef Wladimir Putin hat den derzeit noch französischen Filmstar per Dekret eingebürgert. Pressemeldungen, wonach Depardieu die Staatsbürgerschaft gar nicht beantragt hatte, kommentierte die Machtzentrale nicht.Die von Frankreichs Präsident François Hollande geplante Reichensteuer von 75 Prozent hatte den schwergewichtigen Großverdiener ("Asterix und Obelix") aus dem Land getrieben. Als Premierminister Jean-Marc Ayrault diese Steuerflucht "ziemlich erbärmlich" nannte, wollte Depardieu seinen Pass umgehend abgeben. Knapp jenseits der nördlichen Landesgrenze, im belgischen Dorf Néchin, besitzt er neuerdings ein schmuckloses altes Zollhaus. Seine Pariser Villa steht zum Verkauf.

Angebote für eine neue Staatsbürgerschaft kamen auch aus Tschetschenien oder Montenegro. Und Berührungsängste kennt das lebenslustige Raubein kaum. So nahm Depardieu mit Googoosha, der Tochter des autoritären usbekischen Präsidenten Islam Karimow, einen Popsong auf. Doch künftig kann der vermutlich reichste Schauspieler Frankreichs richtig viel Geld sparen: Statt 75 Prozent in der alten Heimat locken gerade mal 13 Prozent Einkommensteuer in Russland.

Für Putin wäre Depardieus Wechsel der perfekte Coup. Seine Popularitätswerte, die zuletzt eher zu wünschen übrig ließen, dürften wieder steigen. "Der Präsident hat den Russen einen neuen herausragenden Staatsbürger geschenkt", jubelt das Internetportal newsru.com, das sich sonst gern über PR-Aktionen des Kreml-Chefs mokiert. Der für seinen Hurra-Patriotismus bekannte Vizepremier Dmitri Rogosin sieht in Putins Entscheidung die Vorzeichen einer neuen Zeit. Sobald im Westen "die Besonderheiten des russischen Steuersystems" bekannt seien, könne man mit einer "Massen-Migration reicher Europäer nach Russland rechnen", meinte er.

 Keine Widerrede: Gérard Depardieu (links) wurde von Kreml-Chef Wladimir Putin kurzerhand eingebürgert. ArchivFoto: dpa

Keine Widerrede: Gérard Depardieu (links) wurde von Kreml-Chef Wladimir Putin kurzerhand eingebürgert. ArchivFoto: dpa

Tatsächlich wurde die von Putin bereits 2001 verfügte Senkung der Einkommensteuer auf pauschal 13 Prozent von der westlichen Öffentlichkeit bisher kaum wahrgenommen. Doch die westlichen Auslandsinvestitionen in Russland sind beachtlich gestiegen. Unternehmer aus dem Westen wissen allerdings auch um die Schwächen des dortigen Rechtssystems, weshalb ein guter Draht zum Kreml das A und O für gute Geschäfte in Russland ist. Da wiederum weiß sich Depardieu auf der sicheren Seite: Er ist ein häufiger Gast sogar in den höchsten Kreisen des Landes. So kursiert im Internet das Video einer Spendengala in St. Petersburg, wo Putin Ende 2010 seine Klavierkünste demonstrierte - unter dem Applaus von Depardieu.

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