Ein Rentner als Zugmaschine

Meinung · Die Formel 1 hat die Kurve gekriegt. 30 000 Zuschauer bei den ersten Testfahrten des Jahres in Valencia, Live-Präsentation des neuen Mercedes-Teams im Fernsehen, Ansturm auf die Tickets für den Großen Preis von Deutschland. Eine Sportart, die jahrelang auf dem absteigenden Ast war, boomt wieder. Dank Michael Schumacher

Die Formel 1 hat die Kurve gekriegt. 30 000 Zuschauer bei den ersten Testfahrten des Jahres in Valencia, Live-Präsentation des neuen Mercedes-Teams im Fernsehen, Ansturm auf die Tickets für den Großen Preis von Deutschland. Eine Sportart, die jahrelang auf dem absteigenden Ast war, boomt wieder. Dank Michael Schumacher. Die Rückkehr des Renn-Rentners elektrisiert die Fans und gibt der Im-Kreis-Fahrerei neuen Schwung. Zum Saisonauftakt an diesem Wochenende dürften Einschaltquoten wie zu besten Zeiten erreicht werden. Ein 41-Jähriger ist Hoffnungsträger einer ganzen Sportart, scheint alle Negativ-Schlagzeilen vergessen zu machen. BMW, Toyota und Honda - gleich drei Werke hatten sich innerhalb eines Jahres aus Kostengründen aus der Formel 1 zurückgezogen. Mercedes dagegen rüstet auf und gründet ein Werksteam - das scheint paradox. Ist es aber nicht. Denn das neue Team ist für die Schwaben billiger als die bisherige Partnerschaft mit McLaren - die kostete neben den Motoren pro Jahr geschätzte 40 Millionen Euro Zuschuss. Das spart Mercedes nun. Zudem bleiben die Sponsoren-Einnahmen in der eigenen Kasse, und Mercedes profitiert vom Rummel um Schumacher. Wie wird sich König Schumi gegen die Kronprinzen Sebastian Vettel, Lewis Hamilton und Fernando Alonso schlagen? Kann der Altmeister den jungen Rivalen im eigenen Team, Nico Rosberg, unter Kontrolle halten? Die Saison 2010 wird spannend wie lange nicht mehr. Und alles dreht sich um die Zentralfigur Schumacher. Mit der Verpflichtung des siebenmaligen Weltmeisters landete Mercedes den Marketing-Coup des Jahrzehnts. Also alles im grünen Bereich? Nein, denn der Rummel verdeckt auch einen gewaltigen Rückschritt - gerade in Sachen Ökologie. Das vor einem Jahr mit großem Pomp angekündigte Energierückgewinnungs-System Kers wurde nach nur einer Saison heimlich beerdigt. Und das trotz atemberaubender Fortschritte: Innerhalb eines Jahres hatte sich die Lebensdauer des aufwändigen Systems vervierfacht. Eine Entwicklung, die auch der Serienproduktion zu Gute kam. Doch der Umweltschutz ist den Herstellern zwar viel wert - nur kosten darf er nicht zu viel. Dabei hätte Kers in der neuen Saison vor dem Durchbruch gestanden: Da Nachtanken verboten und somit der Spritverbrauch limitiert ist, hätte ein gut funktionierendes Energierückgewinnungs-System der ausschlaggebende Faktor werden können. In vielen Bereichen ist die Formel 1 also zurück in der Erfolgsspur, in punkto Umwelt aber hat sie die Kurve nicht bekommen - und fährt mit Vollgas in die falsche Richtung.

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