Ein Leben für den Gartenbau

Saarbrücken. "Es ist ein Höhepunkt in meinem Leben", sagt Harro Wilhelm mit Stolz. Er ist der erste Gärtnermeister, der von der Landesregierung den Titel Ökonomierat verliehen bekommen hat (wir berichteten). Eine Auszeichnung für Menschen, die sich in der Landwirtschaft besondere Verdienste erworben haben

Saarbrücken. "Es ist ein Höhepunkt in meinem Leben", sagt Harro Wilhelm mit Stolz. Er ist der erste Gärtnermeister, der von der Landesregierung den Titel Ökonomierat verliehen bekommen hat (wir berichteten). Eine Auszeichnung für Menschen, die sich in der Landwirtschaft besondere Verdienste erworben haben. Damit "wird bestätigt, dass richtig war, was ich in meinem Leben gemacht habe". Der 66-Jährige erzählt gern aus seinen Erinnerungen, aber man spürt, dass ihn die gegenwärtigen Anforderungen noch stärker umtreiben. Schließlich steht er - trotz seines Alters - seinen Mann als Geschäftsführer der Erlebnisgärtnerei Storb in Saarbrücken-Fechingen. Mit seiner kräftigen Statur - er war Anfang der 60er Kanu-Spitzensportler - und seinem offenen Auftreten macht er den Eindruck, als wolle er den Betrieb noch einige Jahre leiten. Er ist ein Typ, der Tatkraft ausstrahlt. Gleich zwei Projekte beschäftigen ihn zurzeit besonders: Ein Gewächshaus ist mit einem neuartigen Solarsystem ausgestattet. Die Anlage soll Strom und Wärme erzeugen, und darunter sollen Pflanzen wachsen. Das Vorhaben sei in Deutschland einzigartig. Es läuft in Zusammenarbeit mit dem Saarbrücker Institut für Zukunftsenergiesysteme (Izes) und dem Birkenfelder Institut für angewandtes Stoffstrommanagement. "Viele Gewächshäuser im Saarland wurde Ende der 60, Anfang der 70er gebaut. Das sind alles Wärmeschleudern." Die hohen Energiekosten drücken die Gewinne so stark, dass "Kapital für eine Weiterentwicklung fehlt", erläutert Wilhelm den Hintergrund seiner Initiative. Gewächshäuser der ZukunftDa setzt auch sein zweites Projekt an. Wilhelms Plan: Zehn bis 20 saarländische Gärtner schließen sich zusammen und bauen gemeinsam eine neue Gärtnerei auf, energetisch auf dem modernsten Stand. Dort sollen im Winter all die Pflanzen gezogen werden, die viel Wärme brauchen. Die beteiligten Gärtner sparen sich damit teures Heizen ihrer alten Gewächshäuser. Sie holen sich erst im März, wenn die Temperaturen milder werden, die vorgezogenen Pflanzen in ihre Betriebe. Die Chancen auf eine Umsetzung stehen anscheinend nicht schlecht. Kürzlich bei der Vorstellung der Idee "war die Zustimmung größer als gedacht", berichtet Wilhelm. Neuerungen für den Gartenbau entwickeln und dafür Mitstreiter suchen - das hat der Ökonomierat nicht einmal, sondern mehrfach getan. "Du siegst nie allein." Das ist einer von Wilhelms Liebelingssätze. Neun Kooperationen hat er in seiner Zunft angestoßen, vor allem von 1993 bis 2005, in der Zeit, als er Präsident des Landesverbands Gartenbau war. Zum Beispiel den Zusammenschlusses der Gärtnerverbände aus Lothringen, Luxemburg und dem Saarland. Harro Wilhelm kann aber auch eigensinnig sein und überraschende Schritte riskieren. Etwa als er - nicht lange nach dem Tod seiner Frau - bereits mit 52 Jahren seinen Betrieb in Wallerfangen-Gisingen an seine Söhne übergab. Auch die Position eines Geschäftsführers in der Erlebnisgärtnerei Storb hätte manch anderer dankend abgelehnt. Ein Gutachten habe für den Betrieb kaum Chancen gesehen. Doch das von Wilhelm ersonnene, neuartige Konzept, das den Kunden besondere Einkaufsatmosphäre und Fachberatung verspricht, ging offenbar auf. Neun Jahre existiert der Betrieb nun schon. Mehr über Gartenbau im Saarland vermittelt das Buch: Harro Wilhelm: Von Frühbeeten und Spätschichten, Conte Verlag, 236 S., 24,90 Euro

HintergrundDer Ehrentitel Ökonomierat wird im Saarland erst seit dem Jahr 1997 verliehen, und zwar an Menschen, die sich im Bereich der Landwirtschaft besondere Verdienste erworben haben. Harro Wilhelm ist der vierte Träger der Auszeichnung im Saarland, aber der erste Gärtnermeister. Zuvor hatten ein Winzer und zwei Bauern den Ehrentitel erhalten. mzt

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