Ein idealer Fremdkörper

Kaiserslautern. Ein Japanischer Garten mitten in der Innenstadt von Kaiserslautern, das klingt nach Fremdkörper. In Hanglage, an den Rand einer vierspurigen Straße gedrückt. Links begrenzt von einem ehemaligen Sandsteinbruch, rechts vom Gefängnis. Am oberen Rand beginnt ein Wohngebiet mit alten Villen und aus den fünfziger Jahren stammender Wohnbebauung

 Künstler Seiji Kimoto, seit 1967 im Saarland, schätzt den japanischen Garten sehr. Foto: Graf

Künstler Seiji Kimoto, seit 1967 im Saarland, schätzt den japanischen Garten sehr. Foto: Graf

Kaiserslautern. Ein Japanischer Garten mitten in der Innenstadt von Kaiserslautern, das klingt nach Fremdkörper. In Hanglage, an den Rand einer vierspurigen Straße gedrückt. Links begrenzt von einem ehemaligen Sandsteinbruch, rechts vom Gefängnis. Am oberen Rand beginnt ein Wohngebiet mit alten Villen und aus den fünfziger Jahren stammender Wohnbebauung. Idealer kann der größte japanische Garten Deutschlands und der erste seiner Art in Rheinland-Pfalz seinen fast 14 000 Hektar Fläche nicht liegen. Denn der Mangel an Raum, sagt Seiji Kimoto, zwingt zur Konzentration.

Das hat viel mit dem Verhältnis von Landschaft und Stadt in Japan und dessen Insellage zu tun, erklärt der in Osaka geborene Künstler. Als er 1967 ins Saarland kam, lag ein Studium der Innenarchitektur und Zen-Malerei in Japan hinter ihm. Dem Japanischen Garten in Kaiserslautern ist er durch hier gehaltene Teezeremonien verbunden. In japanischen Städten lebt man beengt, daher braucht es "möglichst viel Natur auf kleinem Raum," erzählt Kimoto und erinnert an Bonsai-Kulturen oder die Kunstform des Blumenarrangierens. Ikebana, das heißt Konzentration und Reduktion aufs Notwendigste. Dabei gilt für die Natur, was für Menschen gilt, die auf engstem Raum miteinander auskommen müssen: Sie folgen festgelegten Regeln. "In einem Japanischen Garten ist nichts dem Zufall überlassen. Alles ist geformt", sagt Geschäftsführerin Anja Seepe-Breitner. Ein japanischer Garten ist eine Folge von komponierten Landschaftsbildern, gegliedert durch Brücken und Tore. Die Steine stellen eine Gebirgslandschaft dar; das sie umgebende niedrige Blattgrün das Meer; der mal feine, mal grobe Belag in den beiden Steingärten symbolisiert stille und raue Wasser. Gegensätze bestimmen den Garten. Zwei Teiche bilden sein Zentrum. Einer, in den sich wild rauschend ein Wasserfall ergießt. Ein zweiter, ein glatter Spiegel, von in allen Farben leuchtenden Karpfen - japanisch Kois - belebt. Die Landschaft verändert sich und ist in Bewegung, steigt steil an oder verlangt den Balanceakt über im Wasser liegende Steine.

Obwohl die Anlage inklusive eines original japanischen Gästehauses über alle Elemente eines japanischen Gartens verfügt, bleibt es ein "Spagat zwischen der Landesbauordnung und dem Japangarten", so die Geschäftsführerin. Denn der Garten ist auf der Fläche eines englischen Landschaftsgartens errichtet. Benannt nach seinem Gestalter, dem Gartenarchitekten Franz Heinrich Sießmayer, der auch den Frankfurter Palmengarten anlegte. Einst umgab der Sießmayer'sche Landschaftspark die beiden Villen der Besitzer der nahen Kammgarnspinnerei. Daran erinnern stattliche Blutbuchen und Kastanien, zu denen sich Tokiokirsche und Amberbaum gesellten.

Wobei die Wurzeln des englischen Landschaftsgarten auch im Japangarten liegen, womit sich der Kreis schließt, erinnert Anja Seepe-Breitner. Zehn Jahre ist der Garten alt, belebt durch ein engagiertes Mitarbeiterteam, vor allem aber getragen von Bürgersinn durch Sach- und Geldspenden. 800 Mitglieder zählt der Trägerverein, bei seiner Gründung waren es gerade einmal acht, erinnert die Geschäftsführerin. Stattlich ist auch die Besucherzahl. 45 000 Menschen kamen 2009 zwischen März und Oktober in den Garten, um dem "Zen-Gedanken" zu folgen, erzählt Seiji Kimoto: "Über die geformte Natur zur inneren Ruhe zu kommen." So ist der Japanische Garten, umspült von Verkehr und umgeben von einem Wohngebiet am rechten Platz: Ein idealer Fremdkörper, der angenehmer nicht sein kann.

Bis 30. September täglich von 10 bis 19 Uhr. Info unter: wwwjapanischergarten.de

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