Ein gutes Ende, aber ein Ende

Die Klausur in Meseberg ist der großen Koalition gerade recht gekommen, denn sie war in Verruf geraten. Die Zusammenarbeit von Union und SPD gilt als ein Grund für das Erstarken der AfD. Festgemacht wird das an der Flüchtlingspolitik, die vielen zu liberal, sogar blauäugig erscheint. Doch in Meseberg haben beiden Seiten bewiesen, dass es sich um eine verzerrte Wahrnehmung handelt.

Das Bündnis ist viel besser als sein Ruf. Diese Koalition hat ein Konzept, sie tut etwas in der Flüchtlingsfrage. Das neue Integrationsgesetz bietet den Asylsuchenden Chancen, aber es nimmt sie auch klar in die Pflicht. Genau das wird von den allermeisten Bürgern erwartet.

Unbestritten ist, dass eine große Koalition den politischen Wettbewerb in der Mitte marginalisiert - das stärkt die Ränder. Es ist jedoch weitaus schwieriger, politisch zu handeln, als ständig etwas populistisch zu fordern. Insbesondere dann, wenn sich zwei Partner als gleichberechtigt ansehen. Daran gemessen haben Union und SPD doch eine bemerkenswerte Bilanz vorzuweisen: Energiepaket, Teilhabegesetz, Aufwüchse in den Etats, die Reformen zugunsten der Rentner, die Bewältigung der Flüchtlingskrise, jetzt das Mega-Thema Digitalisierung. Vieles ist umgesetzt und angeschoben worden. Einiges ist noch liegengeblieben, Stichwort Erbschaftssteuer oder Lohngleichheit für Männer und Frauen. Aber wie könnte es anders sein - es gibt strittige Punkte, die noch nicht zu Ende diskutiert sind. Das ist normal. Der Streit der vergangenen Monate zwischen CDU und CSU und das Dauerfeuer von CSU-Chef Horst Seehofer gegen Angela Merkel haben den Ruf der Koalition viel mehr ramponiert als die wenigen Punkte, um die in dieser Regierung ideologisch gerungen wurde. Etwa Frauenquote oder Mindestlohn.

Ziel beider Lager muss es jedoch trotz aller Erfolge sein, dass die große Koalition ein Bündnis auf Zeit bleibt. Nicht zuletzt aus Gründen der demokratischen Klarheit. Zwar sind die Deutschen harmoniebedürftig, sie lieben eigentlich den Konsens. Doch zu viele politische Gemeinsamkeiten werden dann fälschlicherweise gerne mit Stillstand gleichgesetzt. Auch daraus folgt, dass Union und SPD sich daran machen müssen, Alternativen für die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl auszumachen. Nach jetzigem Stand wird sich das Parteienspektrum parlamentarisch erweitern. Das sollte dazu führen, dass Optionen neu gedacht werden. Für die SPD bedeutet dies, sich endlich der Debatte über Rot-Rot-Grün zu stellen. Die Union muss die Diskussion über Schwarz-Grün-Gelb im Bund führen. Ihr Bündnis sollten beide Seiten trotzdem vernünftig zu (einem guten) Ende führen, ganz im Geist von Meseberg. Denn um die Parteien geht es am Wahltag. Um das Land immer.

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