Ein früher Demokrat, Europäer und beißender Kritiker

Die schlimmen Zustände in der alten Frankfurter Judengasse konnte Goethe nur naserümpfend beschreiben. Einer, die hier geboren und aufgewachsen ist, hat sie aus eigenem Erleben kritisch wie selbstkritisch beurteilt: Ludwig Börne, am 12

Die schlimmen Zustände in der alten Frankfurter Judengasse konnte Goethe nur naserümpfend beschreiben. Einer, die hier geboren und aufgewachsen ist, hat sie aus eigenem Erleben kritisch wie selbstkritisch beurteilt: Ludwig Börne, am 12. Februar vor 175 Jahren dort als Juda Löb Baruch geboren, war einer der Begründer des politischen Feuilletons und eines kritischen Journalismus, der sich durch die Zensur in den damals zahlreichen deutschen Staaten kämpfen musste. Nach seinem Tode im Pariser Exil fiel er bald in eine der Restauration geschuldete, von Ignoranz geduldete, später vom Antisemitismus verordnete Vergessenheit.Frühere Ausgaben seiner Werke sind längst vergriffen, so dass es der verdienstvollen Reihe Fischer Klassik vorbehalten blieb, mit einem soeben erschienenen Börne-Lesebuch eine die ganze Vielfalt des publizistischen Wirkungsfeldes abbildende repräsentative Auswahl seiner Schriften vorzulegen. Inge Rippmann, seit Jahrzehnten die maßgebliche Börne-Forscherin, hat die Auswahl besorgt und eine knappe, sehr hilfreiche Einführung geschrieben. Das Buch gliedert sich in 15 thematische Abschnitte, die vom Generationenkonflikt Börnes mit seinem Vater bis zu Briefwechseln mit seinen Verlegern und Förderern Cotta und Campe reicht. Oft stürzte er seine Herausgeber in Konflikte mit der Zensur - als überzeugter Demokrat und früher Europäer. Als einer der ersten, der in Deutschland Pressefreiheit forderte. Als bissiger Kritiker, der eine scharfe Klinge führte. Kostproben beschwören zuweilen eine frappierende Aktualität und zeugen von der Kraft der Satire. Ein Klassiker des politischen Feuilletons hat es hierzulande nicht leicht, sein Genre eignet sich nicht zur Zierde des Bildungsbüger-Bücherschranks, obwohl es ihn demokratisch veredelte! hal

Ludwig Börne. Das große Lesebuch. Fischer, 335 S., 12 €

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