Die Politik des US-Präsidenten Ein entfesselter Trump macht, was er will

Washington · Lange hielten Berater seine heiklen außenpolitischen Ideen aus dem Wahlkampf im Zaum. Das ist vorbei. Der US-Präsident handelt jetzt. Und zwar Schlag auf Schlag.

 Schon im Wahlkampf erklärte Donald Trump, was er will: „America first“. Als US-Präsident blieb es lange bei Worten, doch aktuell macht er ernst. Und ist sehr zufrieden mit sich, während seine Außenpolitik Wellen schlägt.

Schon im Wahlkampf erklärte Donald Trump, was er will: „America first“. Als US-Präsident blieb es lange bei Worten, doch aktuell macht er ernst. Und ist sehr zufrieden mit sich, während seine Außenpolitik Wellen schlägt.

Foto: picture alliance / dpa/Michael Reynolds

Nichts scheint derzeit die gute Laune Donald Trumps trüben zu können. Mögen die Europäer mit seinem Ausstieg aus dem Iran-Abkommen hadern, er selber genießt ihn, den Wirbel, den er verursacht hat. Zu beobachten ist ein Mann, der völlig mit sich im Reinen zu sein scheint, an dem jede Kritik einfach abprallt. Trump glaubt, die richtige Taktik im Umgang mit Ländern gefunden zu haben, die sein Vorvorgänger George W. Bush einst in die Schublade der Schurkenstaaten sortierte. Er hofft, sie durch eine kompromisslose Machtdemonstration in die Knie zu zwingen. „Frieden durch Stärke“ nennt er das.

Am Tag nach seinem Iran-Paukenschlag griff der 71-Jährige allen Ernstes auf, was 18 republikanische Kongressabgeordnete mit dem förmlichen Antrag, ihm den Friedensnobelpreis zu verleihen, in die Debatte geworfen hatten. „Jeder glaubt das, ich aber würde das niemals sagen“, antwortete er auf die Frage, ob er die Auszeichnung verdiene. „Der Preis, den ich will, ist ein Sieg für die Welt.“ In wenigen Tagen, wenn die vorerst nur symbolisch von Tel Aviv nach Jerusalem verlegte US-Botschaft in Israel eingeweiht wird, wird er den nächsten Alleingang Amerikas zelebrieren. Danach will er entscheiden, was mit Nafta geschehen soll, der Freihandelszone mit den Nachbarn Kanada und Mexiko, die Trump zum Vorteil der USA zu ändern versprach. Und am 12. Juni, beim Treffen mit Kim Jong Un in Singapur, hofft er in einem Husarenstreich ein Problem zu lösen, an dem sich drei seiner Vorgänger die Zähne ausgebissen hatten. Donald J. Trump möchte als der Präsident in die Geschichtsbücher eingehen, der einen Schlusspunkt unter die nordkoreanischen Atompläne setzte.

Trump knüpft dort an, wo er am Ende des Wahlkampfs aufgehört hat, genauso rabiat, als seien die ersten 15 Monate im Oval Office nur eine Aufwärmphase gewesen. In seiner Weltsicht ist Amerika jahrzehntelang über den Tisch gezogen worden, und was sein Vorgänger Barack Obama aushandelte, orientierte sich mehr an den Interessen anderer Nationen. Ergo stellt er das Vertragsgeflecht, in das die USA eingebunden sind, weitgehend infrage, um mit maximalem Druck bessere Deals zu erzwingen. Das hat er in Worten schon immer getan, nur bestimmt es seit dem Frühjahr, resoluter als zuvor, auch sein tägliches Handeln. Mark Dubowitz, Direktor der neokonservativen Stiftung für die Verteidigung von Demokratien, spricht von einer Strategie höchsten Risikos. „Sie kann zu großen Erfolgen führen. Oder aber grandios scheitern.“ Leon Panetta, unter Obama Verteidigungsminister und CIA-Direktor, sieht einen Mann am Werk, der mit der Abrissbirne einreißt, was ihm missfällt, ohne zu wissen, was aus den Trümmern entstehen soll. Das Resultat sei ein einziges Chaos.

Da es in seinem Kabinett zusehends an Bremsern mangelt, die ihm das Demolieren ausreden könnten, gibt es nicht mehr viel, was den Präsidenten aufhalten würde. In seinem ersten Amtsjahr war das noch anders. Zwar verabschiedete er sich aus dem Pariser Klimavertrag, doch meist hörte er auf den Rat vorsichtiger Pragmatiker. Es ging so weit, dass manche in seinem Verteidigungsminister James Mattis, einem besonnenen Ex-General, den wahren Präsidenten zu sehen glaubten. Mochte Trump twitternd wüten und drohen, wann immer es ernst wurde, schien Mattis das Ruder an sich zu reißen, um den Schaden zu begrenzen. Doch neuerdings lässt der Pentagon-Chef eher an einen einsamen Rufer in der Wüste denken. Indem der Präsident mit John Bolton einem sturen Hardliner die Leitung des Nationalen Sicherheitsrats übertrug und mit Mike Pompeo einen zweiten, wenn auch weniger sturen Falken zum Außenminister machte, kippte er die Balance im innersten Zirkel der Macht. Trump verlässt sich offenbar nur noch auf seine America-first-Instinkte. Zudem glaubt er, das Einmaleins des Regierens inzwischen so gut zu kennen, dass er schon aus Trotz in den Wind schlägt, wozu ihm erfahrene Experten raten.

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