Ein Betonwürfel, der Stolz macht

Saarbrücken · Typisch, ökologisch, zeitgemäß – so wünscht man sich regionale Baukultur. Willi Latz, Vizepräsident der Stiftung Baukultur, sprach sich dafür aus, dass Baukultur „zur Chefsache der Ministerpräsidentin“ werden solle.

Unter dem Motto "Annäherung" lädt die Stiftung Baukultur Saar in diesem Jahr zu drei Vorträgen. Der Auftakt stand im Saarbrücker VHS-Zentrum im Zeichen der regionalen Baukultur. Von deren Notwendigkeit im Hinblick auf Zukunftsfähigkeit und Identität der Region sind Stiftungspräsident Wolfgang Lorch, der fürs Bauen zuständige Finanzminister Stephan Toscani sowie Regionalverbandspräsident Peter Gillo erwartungsgemäß überzeugt. Kein Schlagwort scheuend, legten sie Bekenntnis zur Baukultur ab: Regionaltypisch, ökologisch, und historische Gebäude zeitgemäß weiterentwickeln. Damit war man sich mit dem Publikum aus Architekten, Studenten und Funktionären einig. Baukultur soll, am besten "zur Chefsache der Ministerpräsidentin" werden, so der Arbeitsauftrag von Stiftungsvize Willi Latz in Richtung Staatskanzlei.

Weitere Adressaten sind Bürgermeister, Ortsvorsteher, Leiter von Planungsämtern, die jedoch beim Vortrag fehlten. Dafür war der Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm, Joachim Streit, zur Stelle. Er gründete 2011 in Zusammenarbeit mit der rheinland-pfälzischen Architektenkammer, gefördert mit EU-Geldern, die Initiative "Eifel-Baukultur". Sie berät Bauherren sowie politisch Verantwortliche. Sie macht die Baukultur durch besonders medienwirksame Architektur zum Instrument einer Imagekampagne eines strukturschwachen und - mit rund 94 000 Einwohnern - a m dünnsten besiedelten Landkreis in Rheinland-Pfalz.

Baukultur ist mehr als nur Architektur im engen Sinn, und vor allem gelingt sie durch Kontrolle und Überschaubarkeit. Das zeigt das Beispiel der 3200 Einwohner zählenden Gemeinde Zwischenwasser im Vorarlberg, die 2009 mit dem Baukulturgemeindepreis ausgezeichnet wurde. Dafür sorgt unter anderem ein Gestaltungsbeirat, der überzogene Veränderungen an regionalen Gebäudetypen verhindert. Zudem hat er dem örtlichen Musikverein ein rustikales Vereinsheim verwehrt und stattdessen einen modernen Betonwürfel mit Glasfront verordnet. Auf den sind die Betroffenen nun stolz, so Bürgermeister Josef Mathis.

Ob diese Ansätze auf die eher städtische Struktur des Saarlandes passen, gaben beide Referenten zu bedenken. Offen bleibt daher die Frage, warum die Menschen im Saarland ihre Urlaubsträume mittels Baumarktangeboten verbauen. Sie gilt es zu gewinnen, nicht diejenigen, die schon gewonnen sind.

Nächster Vortrag am 10. September um 19 Uhr, VHS-Zentrum: Muck Petzet "Wie weiterbauen". Abschluss am 24. Oktober mit Falk Jaeger mit "Blick von Außen - Über Land gehen"

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