„Eiliger Vater“ im Heiligen Land

Susanne Knaul · Eine Gruppe im Heiligen Land fühlt sich schon vor den Kopf gestoßen, bevor Papst Franziskus am Sonntag seinen Fuß auf palästinensischen und israelischen Boden setzt. „Wenn er nicht nach Nazareth kommt, braucht er überhaupt nicht zu kommen“, schimpft ein Touristenführer aus Galiläa.

Ganze 30 Stunden wird sich Franziskus in Israel und Palästina aufhalten. Zu kurz ist die Reise des ,,eiligen Vaters" für den Abstecher in den Norden Israels und den arabisch geprägten biblischen Heimatort Jesu. "Lasst uns hoffen, dass er bald wieder kommt und dieses nur sein erster Besuch sein wird", tröstet Fouad Twal, der lateinische Patriarch vom Heiligen Land.

Die Reise des Papstes gilt der Ökumene. Initiator war der orthodoxe Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus, der Franziskus in Jerusalem treffen wird. Das gemeinsame Gebet in der Grabeskirche und Gespräche über eine Annäherung der östlichen und westlichen Kirche sollen anknüpfen an das historische erste Treffen vor genau 50 Jahren. Damals kam Papst Pius XII. mit dem orthodoxen Patriarchen Athinagoras in Jerusalem zusammen, um die seit 1000 Jahren gespaltene Kirche wieder zu vereinen. "Damals hatten wir große Hoffnungen", erinnert sich Fouad Twal. "Das war romantisch", einen Durchbruch werde es auch diesmal nicht geben.

Das Programm für den 77-jährigen Papst, der nach seinen Treffen mit dem jordanischen König Abdallah und mit syrischen Flüchtlingen am Samstag schon recht erschöpft sein dürfte, wenn er das Heilige Land erreicht, ist eng gestrickt. In Bethlehem findet nach Amman die zweite große Messe während seiner Nahost-Reise statt. Tausende Christen werden in Jesu Geburtsstadt erwartet. "Willkommen Papst Franziskus im Staat Palästina", heißt es auf Plakaten vor der Geburtskirche. Die Bilder zeigen Präsident Machmud Abbas im Kreis von Franziskus und Bartholomäus.

Neben Gesprächen mit der palästinensischen Führung im Westjordanland stehen Treffen mit Flüchtlingen und mit Christen an, die von Israels Armee einst aus ihren Dörfern vertrieben wurden. Anschließend geht es erneut per Hubschrauber von Bethlehem zum Flughafen Ben-Gurion bei Tel Aviv, wo der offizielle Empfang der Israelis stattfindet. Papst Franziskus steht das komplette Programm eines Staatsbesuchs bevor, zusätzlich zu den Treffen mit den Religionsführern. Der Präsidentensitz von Schimon Peres ist eine Station, die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, der Friedhof auf dem Herzl-Berg, die Oberrabbiner und der Imam Jerusalems. Franziskus wird begleitet von seinem langjährigen Freund, dem Rabbiner Abraham Skorka, sowie dem Imam Omar Abboud - beide kommen aus Buenos Aires.

Überschattet wird die Papst-Reise von jüngst verstärkt auftretenden Hass-Attacken gegen Christen und christliche Stätten. Hinter dem Vandalismus und beleidigenden Graffitis stecken zumeist radikale jüdische Studenten und Siedler. Mehrere jüdische Extremisten stehen in den kommenden Tagen unter Hausarrest. In Jerusalem gilt höchste Alarmbereitschaft. Die Polizei wird vom Inlandsgeheimdienst unterstützt. Auch in Bethlehem ist das verstärkte Polizeiaufgebot spürbar. Franziskus sucht bekanntlich die Nähe zu den Menschen. Das macht Sicherheitsleute nervös, nicht zuletzt in Israel.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort