Dvorák als Einstiegsdroge

Saarbrücken · „Dvorák-Experiment“ heißt das ehrgeizige Projekt, mit dem die ARD Kinder und Jugendliche an die klassische Musik heranführen wollen. Morgen wird ein Konzert bundesweit in Schulen übertragen – und in den Sendesaal des SR.

Der Titel klingt wie ein Spionagefilm oder wie ein Spannungsroman aus der Bahnhofs-Buchhandlung: das "Dvorák-Experiment". Doch es geht nicht um mysteriöse Versuche oder Geheimdienst-Machenschaften, sondern um etwas wohl ebenso Verzwicktes: Kinder und Jugendliche für klassische Musik zu begeistern. Diese Begeisterung mag vorhanden sein, aber nicht in der Breite - viele Jugendliche haben bisher kein einziges klassisches Konzert besucht.

Um das zu ändern, haben sich unter Federführung des Norddeutschen Rundfunks (NDR) die Sender der ARD zusammengetan und das Experiment gestartet, dessen Versuchs-Subjekt Antonin Dvorák (1841-1904) ist. Morgen begegnet man dessen Sinfonie Nr. 9 "Aus der neuen Welt" auf nahezu allen Kanälen: Das NDR-Sinfonieorchester unter der Leitung ihres Chefdirigenten Thomas Hengelbrock spielt ab 11.15 Uhr das bekannte Werk, das man live auf allen Kulturradios der ARD hören kann; gleichzeitig ist das Konzert in den Sendesälen der ARD zu sehen, im Internet (bei Arte) und nicht zuletzt in vielen Klassensälen des ganzen Landes: Laut ARD haben sich knapp 280 Schulen mit 15 000 Schüler angemeldet und werden sich die Übertragung des Konzerts anschauen. Sogar aus den USA, Gran Canaria und Russland hätten Lehrer ihre Klassen angemeldet, heißt es beim NDR.

Dvoráks Sinfonie wird auch in den Großen Sendesaal des SR übertragen, dem zentralen Ort der Veranstaltung im Saarland. Schüler vieler hiesiger Schulen schauen sich die Konzertübertragung auf einer Großbildleinwand an. Dort sind auch die Ergebnisse von Workshops und Veranstaltungen zu sehen, die in den vergangenen Monaten abliefen, um die Jugend an die Klassik heranzuführen - jedes ARD-Orchester war dabei vertreten. Die Deutsche Radio Philharmonie (DRP) besuchte am 29. April überraschend das Deutsch-Französische Gymnasium in Saarbrücken , beschallte die erste große Pause mit Dvorák und hinterließ mit Frack, Lackschuh und geballter Orchesterkraft einigen Eindruck.

Insgesamt ist das Dvorák-Experiment "vorzüglich geeignet, die Bedeutung der musischen Fächer in den Schulen zu unterstreichen", sagt Frank Johannsen, Hörfunkdirektor des SR. Das sieht der Deutsche Musikrat ähnlich, der Partner bei der Aktion ist. Er begleitet die Aktion heute mit einem Symposium in Berlin und einem dringlichen Motto: "Musikalische Bildung in Deutschland - Zeit zum Handeln". NDR-Dirigent Thomas Hengelbrock sieht es so: "Musik ist eine herrliche und vor allem gesunde Droge." Und Dvorák, das kann man ableiten, wäre somit die Einstiegsdroge.

schulkonzert.ard.de

concert.arte.tv

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