Druck auf Europäische Zentralbank

Luxemburg/Frankfurt · Die immer niedrigere Inflation im Euroraum schürt Sorgen vor einem Preisverfall, der die Konjunkturerholung ersticken könnte. Forderungen nach Zinssteigerungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) wachsen.

. Die Inflation im Euroraum ist so niedrig wie seit vier Jahren nicht mehr. Kraftstoffe und Heizöl werden immer billiger, und auch der im vergangenen Jahr so starke Preisauftrieb bei Nahrungsmitteln in Deutschland ebbt ab. Im März sank die Inflation in den 18 Euro-Ländern auf 0,5 Prozent, berichtet die Statistikbehörde Eurostat in Luxemburg nach einer ersten Schätzung.

Für Verbraucher ist das zunächst erfreulich: Ihr Geld verliert nur sehr langsam an Wert, sie können günstig tanken oder verreisen. Doch gleichzeitig befeuert der mickrige Preisdruck die Sorgen vor einer Deflation - also einer Spirale sinkender Preise quer durch die Warengruppen, die zum Käufer- und Investitionsstreik führen und so die Konjunktur einfrieren könnte. Deshalb steigt aus Sicht von Experten der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB), vielleicht schon auf ihrer Ratssitzung am kommenden Donnerstag den Geldhahn weiter aufzudrehen.

Im Februar lag die Inflationsrate noch bei 0,7 Prozent - das war der Wert, der die EZB im November 2013 dazu veranlasst hatte, den Leitzins auf das Allzeittief von 0,25 Prozent zu senken. Weil niedrige Zinsen tendenziell Kredite verbilligen, hoffte die Notenbank, dass sich mehr Unternehmen und Privatpersonen Geld bei den Banken leihen und damit mehr investieren und konsumieren. So sollte die Konjunktur angeschoben werden und der Preisauftrieb steigen. Doch die Kreditvergabe lahmt immer noch. Und die Inflationsrate entfernt sich weiter vom Zielwert der EZB von knapp 2,0 Prozent, bei der die Währungshüter die Preisstabilität gewahrt sehen. In Spanien sanken die Verbraucherpreise auf Jahressicht im März sogar erstmals seit Oktober 2009 wieder. "Im Frankfurter Euro-Tower wird man wohl über kurz oder lang auf die deflationären Tendenzen in den Peripheriestaaten reagieren müssen", prognostiziert Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank Gruppe. Auch die Bayern-LB sieht angesichts der überraschenden Zinssenkung im November ein "Restrisiko einer erneuten Lockerung, da sich die Inflationsrate am unteren Rand des Toleranzbereichs der EZB befindet".

Die meisten Volkswirte erwarten keine weitere Zinssenkung. Das ist eine gute Nachricht für Sparer, die schon jetzt real Geld verlieren - weil die Zinsen auf Spareinlagen noch unter der Inflationsrate liegen. Dass die EZB die Zinsen anheben könnte, wie dies die Bundesregierung nach "Spiegel"-Informationen erwartet, spielt in der Debatte der Ökonomen hingegen derzeit keine Rolle. Die Zinsen bleiben auf absehbare Zeit extrem niedrig - auf dem aktuellen Niveau oder darunter.

Deflationssorgen weisen die Frankfurter Notenbanker bei EZB und Bundesbank bisher zurück Die geringe jährliche Teuerungsrate dürfte auch damit zusammenhängen, dass die Osterferien im März 2013 bereits begonnen hatten - und in den Ferien ziehen zumeist die Preise etwa für Pauschalreisen, Flüge oder Ferienwohnungen deutlich an. Auch deshalb dürfte die Inflationsrate im April wieder anziehen, glaubt Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Zudem laufe der Effekt des milden Winterwetters aus: "Die Winterartikel sind weitgehend abverkauft. Auf die Preise der Sommerware hat das milde Winterwetter keinen Einfluss."

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