Drehbuchautoren: Affäre um Fernsehspiel-Chefin des NDR ein "Supergau"

Hamburg. Heinze hatte vergangene Woche eingeräumt, für den NDR Drehbücher ihres Mannes unter dessen Pseudonym Niklas Becker angenommen und verfilmt zu haben, ohne dem Sender mitzuteilen, dass ihr Ehemann beteiligt ist. Im Kern geht es um vier Drehbücher, die die Münchner Produktionsfirma AllMedia für den NDR verfilmte; dies räumte Heinze ein

Hamburg. Heinze hatte vergangene Woche eingeräumt, für den NDR Drehbücher ihres Mannes unter dessen Pseudonym Niklas Becker angenommen und verfilmt zu haben, ohne dem Sender mitzuteilen, dass ihr Ehemann beteiligt ist. Im Kern geht es um vier Drehbücher, die die Münchner Produktionsfirma AllMedia für den NDR verfilmte; dies räumte Heinze ein. Sie war 18 Jahre lang für den "Polizeiruf 110", die "Tatort"-Reihe im Norden sowie weitere Fernsehfilme verantwortlich. Außerdem wirft ihr der Norddeutsche Rundfunk vor, selbst Drehbücher unter Pseudonym geschrieben und dem NDR verkauft zu haben - damit hätte sie mehr Honorar eingestrichen, als wenn sie die Werke unter ihrem Namen angeboten hätte. Ein Vorwurf, den sie zurückweist. Der VDD moniert, er habe in der Vergangenheit zwar keine "justiziablen Beweise" gehabt, um die Vetternwirtschaft Heinzes beweisen zu können, aber wiederholt Anzeichen. "Der Spiegel" zitiert Vorstandsmitglied Pim Richter mit den Worten: "Wir hatten schon fast drei Jahre lang Hinweise auf ,Niklas Becker' (. . .) Niemand wollte es sich aber mit einer so mächtigen Institution wie Doris Heinze verscherzen." "Wie den meisten in der Branche", erklärt der VDD, seien dem Verband "Gerüchte bekannt" gewesen. Eine Kampagne, die den "Machtmissbrauch in den öffentlich-rechtlichen Sendern" anprangerte, sei vor Jahren im Sande verlaufen. Es gebe ein "System der unkontrollierten Machtfülle der leitenden Redakteure in der ARD". Dieses System habe eine ganze Branche (Autoren, Regisseure, Schauspieler, Produzenten) in die Abhängigkeit von Redakteuren gezwungen, die häufig willkürlich darüber entschieden, "wer was schreibt, wer inszeniert, wer spielt und wer produziert".Juristische Wende?Die Staatsanwaltschaft Hamburg prüft derweil, ob überhaupt eine strafbare Handlung vorliegt. Ein förmliches Ermittlungsverfahren sei das noch nicht, das werde erst bei einem Anfangsverdacht eröffnet, betont Oberstaatsanwalt Möllers. Dies könnte sich mit den neuen Erkenntnissen des NDR ändern. "Ein Anfangsverdacht wegen Betruges könnte in Betracht kommen, weil in einem solchen Fall das Honorar geringer ausgefallen wäre", so Möllers. Die Drehbuch-Honorare liegen beim NDR zwischen 30 000 und 60 000 Euro, teilweise auch darüber. NDR-Mitarbeiter erhalten die Hälfte. Sollten die Vorwürfe stimmen, hätte Heinze also zehntausende Euro mehr bekommen. Einen wirtschaftlichen Schaden fügte sie mit der Verschleierung der Herkunft der Drehbücher ihres Gatten dem NDR nicht zu. Für diese wurden marktübliche Honorare gezahlt, heißt es. dpa

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