Drahtcord streicht massiv Jobs

Merzig. Der Merziger Autozulieferer Drahtcord baut rund die Hälfte seiner 230 Stellen ab. Das teilte das Unternehmen gestern auf einer Belegschaftsversammlung mit. Ende März wird die Halle stillgelegt. Die Produktion von vermessingtem Draht, ein Vorprodukt des Endprodukts Stahlcord, wird aufrechterhalten, heißt es in einer Pressemitteilung

Merzig. Der Merziger Autozulieferer Drahtcord baut rund die Hälfte seiner 230 Stellen ab. Das teilte das Unternehmen gestern auf einer Belegschaftsversammlung mit. Ende März wird die Halle stillgelegt. Die Produktion von vermessingtem Draht, ein Vorprodukt des Endprodukts Stahlcord, wird aufrechterhalten, heißt es in einer Pressemitteilung. Bereits seit Dezember 2006 hat das Unternehmen Kurzarbeit angemeldet. Jetzt beginnen die Verhandlungen zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat über einen sozialverträglicheren Stellenabbau. Die IG Metall fordert nach Angaben von Ferdinand Weidig, Generalsekretär der IG Metall Völklingen, einen Teil der Produktion in Merzig zu belassen. "Wir haben einen Altersdurchschnitt von 54 Jahren. Viele der Mitarbeiter könnten in drei bis vier Jahren in Altersteilzeit gehen. Das ist eine Alternative", ergänzt Gerd Spath, Betriebsratsvorsitzender bei Drahtcord. Bereits im Mai wurde der Abbau von 20 Stellen angekündigt. Schuld daran sei auch die schwierige finanzielle Lage der Firma Continental durch die Übernahme durch die Schaeffler-Gruppe, begründete Josef Lottes, Geschäftsführer von Drahtcord Saar, damals die Entscheidung. Continental ist - neben Pirelli - einer der beiden Anteilseigner der Unternehmens. Der in Merzig produzierte Stahlcord wurde für die Reifenproduktion vor allem bei Continental verwandt. "Die Absatzkrise hat die Entscheidung, die Produktion in Merzig in Teilen zu schließen, aber wohl nur beschleunigt", sagte Weidig.Denn es gibt einen weiteren Grund für den massiven Stellenabbau. Stahlcord wird zukünftig vermehrt in Rumänien produziert. Der Grund: In Rumänien sind die Produktionskosten geringer. "Es ist unmöglich, die Produktion von Stahlcord hier aufrechtzuerhalten, da der Wettbewerb sich kontinuierlich verschärft hat mit Produktionsverlagerungen und Zuwächsen der Reifenproduktion in Niedriglohnländern", bestätigt Melina Evangelisti, Sprecherin bei Pirelli. Das Werk in Rumänien wurde im Jahr 2005 gegründet. "40 Prozent unserer alten Maschinen sind bereits dort", sagt Gerd Spath. Im Frühjahr seien noch einmal 68 Maschinen verschickt worden, ein Ende der Produktion war absehbar. Die Glanzzeiten des 1970 gegründeten Unternehmens sind schon lange vorbei. Anfang der 80er Jahre waren rund 1000 Leute beschäftigt. Bereits 1994 wurde ein Teil der Produktion in die Türkei verlegt, das kostete in Merzig rund 250 Jobs. 2000 waren es nur noch 480 Mitarbeiter, 230 sind es jetzt. Meinung

Globalisierungsopfer

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf Ein bitterer Tag für die Beschäftigten bei Drahtcord. Mit so harten Einschnitten hat wohl kaum jemand zu diesem Zeitpunkt gerechnet. Vom Grundsatz her kommt die Entscheidung der Eigner Pirelli und Continental jedoch nicht überraschend. Über viele Jahre zieht sich nun schon der Stellenabbau hin. Mit der Krise hat der jetzige Schritt nur zum Teil zu tun. Der Standort Merzig ist vor allem ein Opfer der Globalisierung. Im nüchternen Kalkül der Konzerne ist Merzig im Vergleich mit Rumänien durchgefallen. Die Belegschaft hat gewiss auf einen zeitlich gestreckten Abbau der Stellen gehofft. Mag sein, dass sich dies betriebswirtschaftlich nicht darstellen lässt, dann müssen aber wenigstens für die vielfach bereits älteren Mitarbeiter sozialverträgliche Lösungen gefunden werden. Der Fall führt drastisch vor Augen, dass die Werke großer Konzerne im Saarland nur dann auf Dauer eine Chance haben, wenn sie deutlich mehr zu bieten haben als bloße Fließbandproduktion. Der Schlüssel dazu sind hochqualifizierte Fachkräfte, eine hochwertige Ausbildung und innovative Produkte.

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