Dorfdisco in Sichtweite

Saarbrücken. David Hasselhoff ist für das genaue Abpassen historischer Chancen bekannt. Als sich 1989 Deutschland Ost auf den Weg nach Deutschland West machen wollte, sang er am Brandenburger Tor mit einem beherzten "Looking For Freedom" die Mauer in Schutt und Asche

Saarbrücken. David Hasselhoff ist für das genaue Abpassen historischer Chancen bekannt. Als sich 1989 Deutschland Ost auf den Weg nach Deutschland West machen wollte, sang er am Brandenburger Tor mit einem beherzten "Looking For Freedom" die Mauer in Schutt und Asche. Nun, mehr als zwei Dekaden später, da der Kalte Krieg und Davids Tat längst Eingang in die Geschichtsbücher gefunden haben, ist die Welt abermals aus den Fugen geraten. Diesmal kämpfen andere andernorts für ihre Freiheit, und Hasselhoff ist wieder da mit einer 2011er-Version von "Looking For Freedom". Wird also alles gut?Der Mann, The Hoff genannt, ist in einen Moment von historischer Relevanz geplatzt, der für viele auch noch aus ganz anderen Gründen - angesichts der zeitgleichen Katastrophe in Japan - eine Zäsur darstellt. Darauf war The Hoff nicht vorbereitet, und so wirkt der Titel " A Real Good Feeling" seines neuen Albums wie auch die enthaltene Partymusik etwas deplatziert. Der 58-Jährige wagt einen Comeback-Versuch als Gute-Laune-Sänger, der nicht nur anderen, sondern auch sich selbst und seiner Karriere Hoffnung geben soll. Denn der Held aus "Knight Rider" und "Baywatch", laut Guinness-Buch meist gesehener TV-Star, fällt seit Jahren eigentlich vor allem als Alkoholiker auf, der Stammgast in der Entzugsklinik ist. Die letzte Auszeichnung bekam er 2010 für seine Selbstironie. Die ist bitter nötig, wenn einer wie er nur noch als Ikone der Trashkultur herumgereicht wird. Ist das noch David Hasselhoff oder schon seine eigene Parodie?

Die im Februar absolvierte Comeback-Tour durch Österreich, Deutschland und die Schweiz erlebte jedenfalls einen vitalen, nüchternen Hasselhoff - wild entschlossen, noch einmal die Kurve zu kriegen. Sein Comeback-Album glänzt desgleichen im Bemühen, auf keinen Fall etwas falsch zu machen. Es ist quasi ein Doppel-Album mit einer Standard- und einer Party-Ausführung: beinahe gleiche Songs, beinahe gleiche Reihenfolge, nur stampft Party ein bisschen mehr als Standard, logisch. "A Real Good Feeling" ist eine Hommage an seine goldenen Achtziger und sich selbst. "Come on let's rock like 20 years ago", singt David Hasselhoff im Song "Hey, We Wanna Rock The World", der Chor macht Oho-oho, der Billigbeat bummert, die E-Gitarre jault, die Dorfdisco ist in Sichtweite. Bewährt-berüchtigte deutsche Kräfte wie Christian Geller (Modern Talking, No Angels) und Christian Seitz (DJ Ötzi) haben sich um Musik, Text und Produktion gekümmert.

Selbst wenn seine Retro-Show noch einen gewissen Unterhaltungswert hat, das Album auch nicht sonderlich schlecht geraten ist, er einigermaßen passabel singt und Größen nacheifert wie Engelbert Humperdinck, Frank Sinatra oder Howie Carpendale (in der deutschen Bonus-Version von "Heartbreak Café"): Musikalisch ist er eine zu vernachlässigende Größe.

David Hasselhoff: A Real Good Feeling (Ariola/Sony)

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