„Harter Hund“ in der CSU Dobrindt, der konservative Revolutionär

Seeon (dpa) Natürlich wusste Alexander Dobrindt, dass der Aufschrei kommen würde. Mit seinem Plädoyer für eine „konservative Revolution der Bürger“, mit seinem Feldzug gegen „selbst ernannte Volkserzieher“ und gegen eine „linke Meinungsvorherrschaft“ hat der neue Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag bundesweit auf sich aufmerksam gemacht – und ganz bewusst den Protest seiner Gegner provoziert.

 Alexander Dobrindt ist der Mann für die markigen Sprüche in der CSU.

Alexander Dobrindt ist der Mann für die markigen Sprüche in der CSU.

Foto: dpa/Andreas Gebert

Denn wenn ein gewiefter Stratege wie Dobrindt genau zur Winterklausur der CSU-Landesgruppe einen solchen Debattenbeitrag platziert, weiß er, was er tut. Sein Ziel: Er will die CSU zur einzig verbliebenen Verfechterin bürgerlich-konservativer Politik stilisieren – und sich selbst zum Anführer der „bürgerlichen Wende“ machen.

Doch was genau Dobrindt damit meint, bleibt vage. Das wurde auch in einem Interview im ZDF-„Heute Journal“ deutlich, als Dobrindt auf kritische Fragen von Moderatorin Marietta Slomka keine wirklich überzeugenden Antworten fand – zum Beispiel, was genau er unter einer „Revolution“ verstehe, und ob sich diese gegen Kanzlerin Angela Merkel richte, die ja seit mehr als zwölf Jahren mit der CSU regiere. Das Interview löste in den sozialen Netzwerken einigen Wirbel aus.

Es sei wichtig, eine Debatte zu führen, sagte Dobrindt am Samstag zum Abschluss der CSU-Winterklausur im Kloster Seeon. Und wählte erneut eine seiner Lieblingsformulierungen: „Deutschland ist ein bürgerliches Land.“ Bei so manchem Stammtisch nicht nur in Bayern dürfte Dobrindts Angriff auf die linke 68er-Generation gut ankommen.

Der 47-Jährige hat eine politische Schlüsselstellung inne: Er führt als Nachfolger der stets leise-diplomatischen Gerda Hasselfeldt nicht nur die CSU-Landesgruppe im Bundestag an, sondern ist einer der führenden Köpfe seiner Partei in den Sondierungen in Berlin – erst für Jamaika, jetzt für die GroKo. Neben Parteichef Horst Seehofer gehört er auch zur engsten Sechserrunde der Unions- und SPD-Spitzen. Und vor allem: Er ist der „harte Hund“ in den Sondierungsgesprächen, er schreckt auch vor markigen Worten und Provokationen nicht zurück. Oft wurde spekuliert, es gebe eine Absprache: Seehofer solle eher diplomatisch agieren, Dobrindt die knallharte CSU-Linie vertreten. Auch vor den Sondierungen mit der SPD ist es so: Dobrindt tritt immer ein wenig schärfer, ein bisschen weniger kompromissbereit auf als Seehofer.

Die diesjährige Winterklausur in Seeon war Dobrindts erste als Landesgruppenchef – und doch drängt sich die Frage auf: War es möglicherweise schon seine letzte? Was, wenn Dobrindt doch in ein mögliches neues schwarz-rotes Kabinett wechseln muss, will, wird? Vor allem aber gilt Dobrindt als Kandidat für Seehofers Nachfolge als Parteichef, wenn der irgendwann auch diesen Posten abgibt. Bayerischer Ministerpräsident soll in wenigen Wochen Markus Söder werden, als Parteivorsitzender aber hat sich Seehofer auf dem Parteitag im Dezember nochmals für zwei Jahre wählen lassen.

Aber ob er wirklich bis zur nächsten regulären Vorstandswahl bleibt? Längst kursieren in der CSU Szenarien, wonach Seehofer schon in wenigen Monaten ganz abtreten könnte: Wenn eine neue schwarz-rote Koalition steht – oder es zur Neuwahl kommt. Dann schlüge wohl Dobrindts Stunde. Söder will und muss sich auf Bayern konzentrieren. Der Niederbayer Manfred Weber hat als EVP-Fraktionschef im Europaparlament alle Hände voll zu tun. Und es zählt Seehofers Argument, dass der nächste Parteivorsitzende in Berlin sitzen müsse. Dobrindt als Partei- und Landesgruppenchef – durchaus vorstellbar.

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