Dillinger Hütte plant für härtere Zeiten

Dillingen/Völklingen · Auf eine schnelle Umsetzung des 130 Millionen Euro Sparprogramms bei der Dillinger Hütte drängt Michael Müller, Vorsitzender der Geschäftsführung der SHS – Stahl-Holding Saar. Der Hütte drohe sonst ein Verlust der Wettbewerbsfähigkeit.

 Dillingen bekam 2013 weniger Aufträge. Hier ein Mitarbeiter in der Stahl-Weiterverarbeitung. Foto: DH

Dillingen bekam 2013 weniger Aufträge. Hier ein Mitarbeiter in der Stahl-Weiterverarbeitung. Foto: DH

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Die Stahlbranche steht vor dramatischen Veränderungen. Überkapazitäten, schwache Nachfrage und Preisverfall setzen die Unternehmen unter Druck. Die saarländische Stahlindustrie müsse daher deutlich flexibler werden, um sich auch langfristig erfolgreich behaupten zu können, betonten der Vorsitzende der Geschäftsführung der SHS Stahl-Holding Saar, Michael Müller, und der Generalbevollmächtigte der Holding, Albert Hettrich, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Zumal sich die vergleichsweise kleinen Saar-Unternehmen Dillinger Hütte und Saarstahl in einem Umfeld behaupten müssen, in dem aus Fusionen immer größere Konkurrenten hervorgehen. So hat der schwedische Stahlkonzern SSAB angekündigt, den finnischen Konkurrenten Rautaruukki für 1,1 Milliarden Euro übernehmen zu wollen.

Die Belegschaften der beiden Saar-Stahlunternehmen müssten sich auf härtere Zeiten einstellen. Es sei nicht verlässlich absehbar, ob die Gesamtzahl der Arbeitsplätze in der bisherigen Höhe erhalten bleiben könne. Die Nachfrage bleibe unsicher. Die Dillinger Hütte leidet an einem massiven Rückgang der Aufträge für Rohrblech. Doch selbst bei einer deutlichen wirtschaftlichen Erholung auf den Rohr-Märkten könne Dillingen auf Dauer nicht mehr an Jahre mit einst bis zu 700 000 Tonnen Nachfrage jährlich anknüpfen.

Saarstahl verzeichne derzeit zwar eine gute Auslastung, müsse sich aber einem langfristigen strukturellen Problem stellen. So engagiert sich die deutsche Autoindustrie immer stärker in den USA sowie in Asien, und sie erwarte dort auch eine Präsenz von ihren Zulieferern. Für Saarstahl sei es denkbar, sich mit einem Partner in der Weiterverarbeitung von Stahl-Produkten etwa in China zu engagieren. Entschieden sei aber noch nichts. In ein bis zwei Jahren rechnet Müller mit konkreteren Ergebnissen. Angesichts hoher Transportkosten mache es nur bedingt Sinn, Material vom Saarland aus zu verschicken. Eigene Werke vor Ort seien aber nicht Teil der Strategie. Dafür sei die Saar-Stahlindustrie im Vergleich zu Wettbewerbern zu klein. Was an anderer Stelle einen Vorteil darstelle: So müssten die Dillinger Hütte und Saarstahl ihre Marktchancen konsequent in Spezialprodukten, einer besonders hohen Qualität, neuen Märkten und einer weiteren Kostensenkung suchen. Zum vom Dillinger Vorstand verordneten Sparprogramm in Höhe von 130 Millionen Euro jährlich sieht SHS-Chef Müller keinerlei Alternative. Es müsse rasch umgesetzt werden. Sonst drohe der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. Durch die Flexibilität der beiden Saar-Unternehmen sei es schon gelungen, für 150 von 450 vom Stellenabbau betroffenen Beschäftigten aus Dillingen Arbeit bei Saarstahl zu finden. 20 Prozent der Sparmaßnahmen werden über Personalkosten erzielt.

Auch die Konstruktion der SHS als Holding, in der die Dillinger Hütte und Saarstahl immer stärker zusammenarbeiten, um Synergien zu schaffen und doppelte Strukturen möglichst zu vermeiden, leiste einen großen Beitrag zur Bewältigung der Krise am Stahlmarkt. Insgesamt 50 Millionen Euro habe man so schon einsparen können, so Müller. Die Zusammenführung weiterer Betriebsbereiche, etwa in Werkstätten, Lägern, der Instandhaltung sowie anderen Bereichen, wird geprüft. Mit dem bereits erreichten soll bis Ende 2015 ein Sparbeitrag durch das gesamte Projekt von über 100 Millionen Euro erzielt werden. so Müller. Dieses Vorgehen sichere nachhaltig Arbeitsplätze.

Allerdings müsse man auf Dauer davon ausgehen, dass sich in der Stahlindustrie durch technische Fortschritte zahlreiche Abläufe und Produktionsprozesse veränderten. Da auch die Auftragslage unsicher bleibe, sei fraglich, ob die bisherige Zahl der Arbeitsplätze in der saarländischen Stahlindustrie gehalten werden könne. Müller und Hettrich appellieren an die Beschäftigten, sich möglichst flexibel zu zeigen, um die Wettbewerbsfähigkeit der beiden Stahl-Standorte zu stärken. Aufträge würden immer kurzfristiger erteilt, gerade, wenn es um Spezialprodukte geht. Beide Unternehmen suchten nach neuen Kunden. Deshalb müsse man, je nach Auftragslage, auch mit flexibleren Arbeitszeiten reagieren. Man werde über Themen wie Zuschläge sowie Jahres- und Lebensarbeitszeit-Konten diskutieren müssen. Müller: "Das Umfeld hat sich gegenüber den letzten 30 Jahren deutlich geändert. Ich vertraue darauf, dass die beiden Unternehmen, deren Unternehmensführung und Mitarbeiter, bereit und in der Lage sind, sich zu verändern und ihre Wettbewerbsfähigkeit somit zu stärken."

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HintergrundDie Dillinger Hütte beschäftigt 5300 Mitarbeiter, Saarstahl 3900. Das 130 Millionen Euro Sparprogramm sieht den Abbau von 450 Arbeitsplätzen vor. 150 Mitarbeiter können zu Saarstahl wechseln, für die weiteren Betroffenen sind sozialverträgliche Lösungen vorgesehen. Das Sparprogramm ist Folge der stark zurückgegangenen Nachfrage nach Rohrblechen. Dillingen produziert derzeit im Schnitt im Laufe eines Jahres die Menge Rohrbleche, die früher in einem Quartal erzeugt wurde. Gute Chancen sieht der Chef der SHS-Stahl-Holding-Saar, Michael Müller, für die Fabrik der Hütte in Nordenham. Aufträge lägen vor. Dort werden künftig "Monopiles" gefertigt, die in den Meeresboden gerammt werden, um Windrädern ein stabiles Fundament zu geben. ts

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