Diesel-Boom belastet die Städte

München · Die hohe Zahl an Diesel-Fahrzeugen in Deutschland belastet die Luft in den Städten. Die Grenzwerte bei Stickstoffdioxid werden massiv überschritten. Experten fürchten neue Fahrverbote.

Die wachsende Beliebtheit von Diesel-Pkw in Deutschland droht erneut zu einem großen Problem für den Autoverkehr zu werden. Das fürchtet der Automobilprofessor Ferdinand Dudenhöffer vom Duisburg-Essener Car-Institut. 2005 hatten Klagen deutscher Großstadtbewohner wegen verpesteter Luft unter anderem zur Einführung von Umweltzonen, Fahrbeschränkungen und einem Wertverlust von Altfahrzeugen geführt. "Das Risiko ist hoch, dass sich all dies wiederholt", warnt der Experte. Auslöser sei diesmal nicht wie 2005 der Feinstaub, sondern Stickstoffdioxide (NO{-2}), die aus dem Auspuff von Diesel-Fahrzeuge qualmen.

Auch diese Form von Schadstoffen ist Teil des Luftproblems von Großstädten europaweit, erklärt der Verkehrsexperte der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Axel Friedrich. Wegen Luftverschmutzung würden europaweit jährlich rund 380 000 Menschen sterben, darunter etwa 60 000 Bundesbürger. Der NO{-2}-Ausstoß von Diesel-Fahrzeugen verschärfe das Problem, betont Dudenhöffer. Denn derzeitige Abgastechnologien und -Standards böten zwar einen wirksamen Schutz gegen Feinstäube, nicht aber gegen NO{-2}. Hier sei erst ab 2015 mit Einführung der neuen Abgasnorm Euro-6 Besserung in Sicht.

Doch bereits jetzt müssen die Grenzwerte eingehalten werden, einen Antrag der Bundesrepublik auf Fristverlängerung hat Brüssel im März abgelehnt. Somit verstoßen 33 deutsche Ballungsräume, darunter nahezu alle deutschen Großstädte inklusive Berlin, Hamburg, München, Köln, Stuttgart und die Rhein-Main-Metropolregion gegen EU-Recht. Mit hohen Strafzahlungen müsse gerechnet werden. 50 000 Euro pro Stadt und Tag der Überschreitung von Grenzwerten sei der Rahmen, sagt Friedrich. Schon heute sind die Grenzwertüberschreitungen häufig und deutlich. Erlaubt sind 40 Mikrogramm NO{-2} pro Kubikmeter Luft. Hauptverkehrsadern in Stuttgart kamen 2012 im Schnitt auf 90 Mikrogramm und darüber.

Und es wird in den nächsten Jahren noch schlimmer, weil immer mehr Diesel-Fahrzeuge verkauft werden. Dieses und nächstes Jahr beträgt der schadstoffrelevante Zuwachs des Diesel-Bestands auf deutschen Straßen gut 16 Prozent, hat das Car-Institut berechnet. Und das Gros der Diesel-Pkw kann bislang nicht auf die neue Abgasnorm Euro-6 umgerüstet werden, betont Dudenhöffer. Wenn es zu entsprechenden Klagen von Anwohnern oder Umweltverbänden käme, seien drastische Reaktionen wie neue Fahrverbote zu befürchten.

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