Die Zeit für Griechenland wird knapp – Milliardenzahlungen stehen an

Brüssel/Athen · Fällt im griechischen Schuldendrama schon bald der letzte Vorhang? Die Bundesbank warnt inzwischen offen vor einer Staatspleite des Krisenlandes. Der IWF dagegen fordert von Europa mehr Entgegenkommen.

Die Furcht vor einer Staatspleite Griechenlands wächst. Nach dem vorläufigen Abbruch der Gespräche zwischen Athen und den Geldgebern verlangt EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU ) einen Notfallplan für den Fall, dass eine Einigung über ein Reformpaket endgültig scheitert. Dann werde Griechenland zum 1. Juli "Notstandsgebiet", sagte er. Bundesbankpräsident Jens Weidmann warnte: "Die Zeit läuft ab, die Wahrscheinlichkeit, dass keine Lösung gefunden wird, steigt von Tag zu Tag." Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis dringt derweil auf einen Schuldenerlass.

Die Zeit für Griechenland wird immer knapper, will es mit EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) noch bis Ende. Juni eine Einigung über die Auszahlung von Hilfsgeldern in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erzielen. Voraussetzung ist ein verbindliches Reformprogramm Athens. Bis Ende des Monats muss Athen knapp 1,6 Milliarden Euro an den IWF zahlen.

Ein Vermittlungsversuch von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker war Sonntagabend gescheitert. Umstritten sind insbesondere Reformen bei den Renten oder der Mehrwertsteuer. Nach Angaben eines Kommissionssprechers liegen die Pläne der Geldgeber und Griechenlands etwa zwei Milliarden pro Jahr auseinander.

Im Streit um den Primärüberschuss, also das Haushaltssaldo ohne Zins und Tilgung, kam Athen den Geldgebern inzwischen entgegen. Eine Sprecherin der EU-Kommission bestätigte, dass die Regierung in Athen die Forderung der Gläubiger akzeptiert habe, in diesem Jahr einen Primärüberschuss von einem Prozent zu erzielen. Der Primärüberschuss gilt als zentrale Messgröße für eine Gesundung des chronisch klammen Staatshaushaltes.

Die Athener Zeitung "Kathimerini" veröffentlichte gestern die Reformliste, die die Regierung den Geldgebern am Wochenende vorgelegt hatte. Danach will Athen die Unternehmen, die 2014 mehr als eine Million Euro Gewinne gemacht hatten, mit zwölf Prozent Sondersteuer belasten. Die Ausgaben des Verteidigungsministeriums sollen um 200 Millionen Euro gekürzt werden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt weiter auf eine Einigung. Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte: "Wir wollen, dass Griechenland im Euro bleibt." Die Erwartungen an das Treffen der Euro-Finanzminister am Donnerstag wurden in Berlin allerdings gedämpft, da es bisher keine politische Lösung gibt, über die abgestimmt werden kann.

IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard forderte Bewegung von Athen und der EU. Einer Lösung der Krise gingen harte Entscheidungen und Verpflichtungen voraus, schrieb er. Athen mahnte Blanchard zu einer Reform des Mehrwertsteuer- und Rentensystems. Die europäischen Geldgeber wiederum sollten bereit sein, Griechenland bei den Schulden durch eine Verlängerung der Tilgungsdauer und niedrigeren Zinsen entgegenzukommen .

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