Die Welt als reine Form

St. Wendel. Sommerausstellungen haben im Stadtmuseum St. Wendel Tradition. Museumsleiterin Cornelieke Lagerwaard kombiniert dann stets Solisten zu Duos oder Trios, die sonst nicht zusammengefunden hätten. Diesmal begegnen sich die Zeichnerin Brigitte Benkert und die Bildhauerin und Zeichnerin Anne Haring, die beide in Saarbrücken leben

St. Wendel. Sommerausstellungen haben im Stadtmuseum St. Wendel Tradition. Museumsleiterin Cornelieke Lagerwaard kombiniert dann stets Solisten zu Duos oder Trios, die sonst nicht zusammengefunden hätten. Diesmal begegnen sich die Zeichnerin Brigitte Benkert und die Bildhauerin und Zeichnerin Anne Haring, die beide in Saarbrücken leben. Beiden gemeinsam ist das "Thema Mensch", womit auch der Ausstellung der Titel gegeben ist.Während Haring, die an der Kunstakademie Düsseldorf Bildhauerei studierte, die Figur jeder Emotion entkleidet, lädt Brigitte Benkert, in Privatstudien ausgebildete Autodidaktin, ihre abstrahierten, auf Umrisse reduzierten Körperformen mit Emotion auf.

Bei Anne Haring ist der Körper Hülle und Form. Jegliche Geste zu vermeiden, die auf einen Gefühlszustand verweist, darauf hat Haring konsequent hingearbeitet. Das zeigen bei der Bildhauerin die Arbeiten aus den frühen 90er Jahren, in denen das Material noch vom Arbeitsprozesses geprägt war. Heute sind jegliche Spuren des Gebrauchs, in denen sich ein Gefühl oder eine Geschichte verfangen könnte, von der glatten Oberfläche ihrer Keramiken und Bronzen getilgt. Ihr "Figurenhain" versammelt 36 starr auf Sockeln stehende, kleine Figuren. Groß und glatt behaupten sich Büsten und Beine im Raum. Aquarelle von Pullovern sind Hüllen, starr wie Panzer. Die Form vom Inhalt zu scheiden, diese schwierige Aufgabe meistert Anne Haring erwartbar hervorragend: mit Bildtagebüchern, in denen sie ihre alltägliche Umwelt (Tische, Treppen, Körper) buchstäblich verzeichnet - die Welt als Wahrnehmung der reinen Formen. Wie zum Beweis zeigt eine ihrer in einem Monitor zu Bildfolgen montierten Tagebuchserien das Gegenteil: Eine mit der linken Hand ausgeführte Serie lädt die Linien emotional auf und bricht mit der ansonsten gehandhabten Formenstrenge.

Anders bei Brigitte Benkert. Für sie heißt der Linie folgen, notwendig einen Prozess abbilden. Er findet seinen Ausdruck in den Serien von kleinen Wasserfarbenzeichnungen und im Bildraum, in dem sie ihre Motive in der Senkrechten verkettet. Figur und Dinge wachsen auseinander hervor. Sie braucht die Fülle, Farbe und Vielzahl, um ihre Kompositionen zu vollenden und ihren einfachen Formen Emotionalität zu geben. Diese Spannung zweier einander scheinbar ähnlicher, aber dennoch grundverschiedener Positionen belebt die Ausstellung. Je ein Raum ist jeder Künstlerin vorbehalten. Im Flur begegnen sich die Werke beider. Die Unterschiede treten hervor, und die jeweils eigene künstlerische Handschrift wird unverkennbar deutlich. Mehr kann eine Ausstellung kaum erreichen.

Bis 17. Juli. Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch, Freitag von 10 bis 13 und von 14 bis 16.30 Uhr; Donnerstag von 10 bis 13 und von 14 bis 18 Uhr. Samstag von 14 bis 16.30 Uhr, Sonntag/Feiertag von 14 bis 18 Uhr. Werkgespräch mit Anne Haring am 30. Juni, 17 Uhr. Tel. (0 68 51) 809 19 45.

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