Die weise alte Squaw des Punkrock

Esch-sur-Alzette. Als Patti Smith nach einer halben Stunde Verspätung endlich die Bühne betrat, hatte sich der kleine Saal bereits in eine Sauna verwandelt. An diesem Abend gönnte sich die Rockhal eine besondere Belegung: Hier die Rock'n'Roll-Ikone Patti Smith, nebenan im Hauptsaal tobte Beth Ditto - beide Konzerte seit Monaten ausverkauft

Esch-sur-Alzette. Als Patti Smith nach einer halben Stunde Verspätung endlich die Bühne betrat, hatte sich der kleine Saal bereits in eine Sauna verwandelt. An diesem Abend gönnte sich die Rockhal eine besondere Belegung: Hier die Rock'n'Roll-Ikone Patti Smith, nebenan im Hauptsaal tobte Beth Ditto - beide Konzerte seit Monaten ausverkauft. Für die Fans von Patti Smith war diese Kombination ein Glücksfall: Bietet sich doch eher selten die Chance auf ein mit rund 1200 Zuschauern nahezu intimes Zusammentreffen.Mit "Dancing barefoot" stieg sie gleich voll ein in ein energiegeladenes Konzert. In schweren Arbeiterstiefeln, Jeans und schwarzem Sakko, erhob die alte weise Squaw des Punkrock ihre Stimme - und die war kein bisschen brüchig. Stattdessen klang sie tief und ungewöhnlich klar.

Überraschenderweise standen überwiegend Titel der frühen Alben auf der Setlist; zwischen Songs wie "Free Money", "Because the night", "Gloria" und gar "Pissin'in a river" mischte die Band aber auch Stücke der neuen Platte "Banga". Beinahe mädchenhaft tanzte sie über die Bühne, rotzte ordinär auf den Boden, kauerte dann wieder am Bühnenrand, um Fans die Hand zu reichen. Eines war bald klar: Dass hier keine Punk-Oma die Kasse aufbesserte, sondern immer noch die eine Patti Smith stand, roh und authentisch, eine starke Frau jenseits aller Kategorien. Sie lebt den Rock'n'Roll, und deshalb durfte sie nach knapp zwei Stunden auch zur Zugabe "Rock'n'Roll Nigger" noch die Seiten ihrer E-Gitarre einzeln abreißen ohne nur im Ansatz peinlich zu wirken.

Es war übrigens zwar Patti Smith' erster Auftritt in Luxemburg, aber nicht ihr erster Aufenthalt im Großherzogtum, wie sie erzählte. 1969 saß sie auf ihrer ersten Europareise mit ihrer Schwester am Bahnhof von Luxemburg fest. In einer Bahnhofskneipe kauften die beiden vom letzten Geld einen Kaffee - und wurden als Amerikaner überschwänglich begrüßt und beschenkt. Was sie nicht wussten: Es war der 21. Juli. Neil Armstrong hatte gerade den Mond betreten. So hat Patti Smith die Luxemburger in bester Erinnerung behalten und bescherte ihnen zum Dank in bester Laune ein besonders energetisches Konzert. Foto: Sinkel/dapd

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort