Die Vergänglichkeit der Zeit in rissig gewordenen Farbwülsten

Saarbrücken. Eine andere Ausstellung, andere Werke, aber derselbe Künstler: Nachdem das Museum St. Wendel dem in Saarbrücken lebenden Maler, Fotografen und Installationskünstler Dietmar Binger gerade eine Soloschau ausgerichtet hatte, öffnet nun auch in der Galerie im Kulturzentrum am EuroBahnhof eine weitere Ausstellung. Waren es in St

Saarbrücken. Eine andere Ausstellung, andere Werke, aber derselbe Künstler: Nachdem das Museum St. Wendel dem in Saarbrücken lebenden Maler, Fotografen und Installationskünstler Dietmar Binger gerade eine Soloschau ausgerichtet hatte, öffnet nun auch in der Galerie im Kulturzentrum am EuroBahnhof eine weitere Ausstellung. Waren es in St. Wendel Porträtfotografien und Installationen rund um das Thema (Lebens)Zeit, so sind es in Saarbrücken exakt zehn, meist großformatige Leinwände aus den Jahren 1982 bis 1984.

Es sind eher Zeitzeugnisse als Kunstwerke, die um ihrer maltechnischen Qualität, Farb- oder Motivwahl bedeutsam wären. Dennoch sind sie Kunstwerke, weil sie das Lebenswerk Dietmar Bingers in besonderer Konsequenz auszeichnen. Denn ganz wie im Museum St. Wendel nutzt der 71-jährige Künstler das jeweils gewählte Medium konsequent und passgenau aus, um sich selbst darin wieder zu finden.

Auch jetzt sind es auf eine gewisse Art Selbstbildnisse. Nur mit dem Unterschied, dass es in St. Wendel Porträtfotos waren, während es in Saarbrücken zwischen Informel, Action Painting und den Jungen Wilden schlingernde Malerei ist. Sie führen den Betrachter zurück in die Zeit der frühen 1980er Jahre, als eine Generation von heute um die 60 Jahre alten Malern die Junge Saarländische Kunst repräsentierte und sich dabei recht eigentümlich, das heißt immer ein bisschen zeitverzögert, aber dabei selbstbewusst und ernsthaft mit der Malerei ihrer Zeit auseinandersetzte.

Auch Dietmar Binger zählt zu dieser Generation und hat seine Spuren hinterlassen. Dafür hat er Finger und Hände benutzt, indem er die Farben damit gewischt, getupft, eingerieben sowie Papier und andere Reststoffe geknüllt und aufgeklebt hat. Die Gemälde sind davon regelrecht durchzogen. Darin erfüllt sich ihre Mission: In den rissig gewordenen Farbwülsten, den braun werdenden Papieren zu zeigen, wie die Zeit vergeht. Dem Schwinden von Lebenskraft und -zeit stehen diese unübersehbaren malerischen Kraftakte aus früheren Zeiten entgegen.

Seine "Werkproben" sollen diesen Zustand über die Zeit hinaus in alle Ewigkeit bewahren. Es ist Dietmar Bingers je eigene Version des Satzes "Der Künstler ist anwesend". Denn diese Malerei funktioniert nur in Verbindung mit dem Leben ihres Malers. Allein kann sie nicht bestehen. sg

Bis 24. März. Geöffnet: Di bis Fr, 10 bis 15 Uhr, Do bis So, 16 bis 19 Uhr. Samstag geschlossen.

Foto: Seeber

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